die wahrheit: Die Hauptstadt, die Gesellschaft, die Zeit: Pupsloch-Journalismus
Irgendwann sagte der große deutsche Journalist Dieter Gütt einmal, dass er sich nicht mehr im Journalismus auskenne, da Journalisten inzwischen aussähen wie Friseure.
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Anti-Friseur-Foto. Bild: reuters
Mittlerweile sehen sie nicht mehr nur so aus wie Friseure, sondern ihre Arbeit besteht auch aus Friseurberichten. Schlappe 50-mal tauchte an diesem Wochenende auf den Nachrichtentickern der angeblich seriösen Nachrichtenagenturen die Meldung auf: "Starfriseur Udo Walz hat geheiratet." Damit lag der Berliner Haarschneider knapp hinter den Meldungen über die Bundeskanzlerin und den Außenminister. Genauestens berichtet wurde über Gäste und Trauzeugen, wo gefeiert wurde und wie die Verfassung des Brautpaars war. Was aber hat das noch mit Journalismus zu tun? Und komme bitte jetzt keiner mit den Veränderungen in der Gesellschaft, den Gesetzmäßigkeiten des Medienmarktes oder gar den Interessen der Rezipienten. Die Heirat eines Haarschneiders, der zufällig die Pupslöcher von Männern mag, ist ganz einfach unerheblich. Die Friseurisierung des Journalismus schreitet allerdings unaufhaltsam voran.
Die Wahrheit auf taz.de
Leser*innenkommentare
Wolf-Dieter Herrmann
Gast
Dabei sind diese Meldungen doch allein Wowereits getarnte Reiseberichte; Christjansen, Waltz, Mouskouri, Gelöbni . . ., ach nein, da war er ja leider im . . . URLAUB. Schöne Ferien, Wowi !
Karl Bold
Gast
Schon Goethes Götz von Berlichingen wusste das Pupsloch zu schätzen. Aber vielleicht pfurzt mancher taz-Autor einfach zu viel....
lupe
Gast
Friseurgespräche sind der unwiderlegliche Beweis dafür, dass die Köpfe der Haare wegen da sind.
Karl Kraus
Die OZ beglückte ihre Leser mit 616 Wörtern und drei Fotos auf der Vermischtes-Seite und sogar auf der Titelseite mit 35 Wörtern. Die Leser haben auch dafür bezahlt und viele meinen, etwas ganz Wichtiges erfahren zu haben.
Hmm
Gast
Stimmt ja, das mit dem Journalismus. Aber deswegen gleich homophob-dümmliche Bemerkungen reißen zu müssen, als sei eine schwule Partnerschaft nur auf den hier offenbar als abartig empfundenen Geschlechtsakt zu beschränken - das passt eigentlich nur zu denen, die den "Pupsloch"-Journalismus betreiben, aber doch eigentlich nicht zur taz. Sehr schade.
Udo for President
Gast
Ihr Journalisten ward es doch, die den Figaro so wichtig gemacht haben, wie er sich heute fühlt. Nun seid so konsequent und lasst ihn weiter Karriere machen. Wie wär's mit einer Grundsatz-Rede unter der Siegessäule und anschließendem Public-Cutting.
Struwwelpeter
Gast
Die Journalisten haben es nicht besser verdient.
Sie laden den Friseur regelmäßig in TV-Talk-Shows ein. Sie fühlen sich gebauchpinselt, wenn er Ihnen ein Exklusivinterview gewährt. Und sie berichten fleißig, was der Barbier über Gott und die Welt denkt. Leider übersehen sie dabei, dass das eigentlich niemand wissen will.