Kommentar Awacs-Einsatz: Mühseliges Lavieren

Die Logik des militärisch Notwendigen in Afghanistan und die Logik des politisch Gewünschten in Deutschland widersprechen sich vollkommen.

Noch hoffen die Verteidigungspolitiker, dass sie die jüngste Forderung der Nato nicht erfüllen müssen und die in Afghanistan einzusetzenden Awacs-Aufklärungsflieger ohne die Deutschen auskommen werden. Diese Boeings mit dem Radar auf dem Rücken sollen den Flugverkehr über Afghanistan kontrollieren - und wohl auch beobachten, was sich über Pakistan und dem Iran so regt.

Sollte der Bundestag im Herbst jedoch auch den Awacs-Einsatz genehmigen müssen, dann ist es endgültig vorbei mit der ohnehin unglaubwürdig gewordenen Abgrenzung des deutschen Beitrags in Afghanistan von der US-geführten "Operation Enduring Freedom". Dann nämlich müsste ins Bundestagsmandat hineingeschrieben werden, dass die Awacs sowohl für den nicht UNO-mandatierten Einsatz der USA als auch für den multinationalen Isaf-Einsatz fliegen. Letzterer fördert den zivilen Wiederaufbau wenigstens. Hingegen führen die USA im Süden des Landes einen Antiterrorkrieg, mit dem die Deutschen bislang nur ungern etwas zu tun haben wollen. Nicht auszudenken also, was passiert, sollte ein neuer US-Präsident dazu auffordern, auch die deutschen Tornados noch offiziell mit einem OEF-Auftrag zu versehen. Mehr Bundeswehrsoldaten hat sich wenigstens Barack Obama ja bereits gewünscht.

Aber auch ohne weitere Wünsche wirken die Bundesregierung und mit ihr alle Befürworter des Afghanistan-Einsatzes zunehmend wie Leute, die verzweifelt versuchen, auf einer sehr schiefen Bahn die Balance zu halten. Die Logik des militärisch Notwendigen in Afghanistan und die Logik des politisch Gewünschten in Deutschland widersprechen sich vollkommen.

Vielleicht lässt sich die Nato überreden, die Awacs über Afghanistan ohne deutsches Personal fliegen zu lassen. In jedem Fall aber wird mit jedem Soldaten, jedem Flugzeug die Haltung der Bundesregierung unbefriedigender. Stets nur abzuwarten, was als Nächstes gefordert wird, und so lange in Deckung zu bleiben, bis die nächste Mandatsdebatte zügigstmöglich durchgezogen werden kann - das reicht nicht.

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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