Politische Krise spitzt sich zu: Militärrebellion in Haiti
Ehemalige Militärs besetzen mehrere leerstehende Gebäude, um ausstehende Rentenzahlungen einzufordern. Das könnte die Krise in Haiti noch verschärfen.
BERLIN taz Rund 130 ehemalige Armeeangehörige haben in Haiti am Dienstagabend eine leer stehende Kaserne und ein ungenutztes Gefängnis besetzt. In der Stadt Ouanaminthe, an der haitianisch-dominikanischen Grenze, hätten sich 80 und in der nördlichen Hafenstadt Cap Haitiën 50 Exsoldaten verschanzt, meldete am Dienstagabend der Rundfunksender Radio Metropole in Port-au-Prince. Ein Teil der mit alten Uniformen bekleideten Männer sei bewaffnet. Mitglieder der UN-Friedenstruppe Minustah hätten in Cap Haitiën das Gelände abgesperrt. Bisher sei die regionale Militärrebellion friedlich verlaufen, sagte der Oberkommandierende der Blauhelmtruppe.
Nach Informationen von Radio Metropole fordern die ehemaligen Soldaten Rentenzahlungen aus einem Pensionsfonds, die ihnen die Regierung seit 14 Monaten schulde. Die haitianische Armee war noch während der Amtszeit des 2004 gestürzten Staatspräsidenten Jean-Bertrand Aristide abgeschafft worden. Zahlreiche Exmilitärs hatten sich an den gewaltsamen Unruhen zum Sturz Aristides beteiligt. Ein Teil des Befriedungsabkommens war die Bereitschaft der Nachfolgeregierung, den Exmilitärs eine Rente zu zahlen.
Politische Beobachter fürchten allerdings, dass die Rebellion die Krise in Haiti noch verschärfen könnte. Seit April werden die Regierungsgeschäfte nur interimsmäßig von Regierungschef Jacques-Edouard Alexis geführt, den das Parlament nach Hungerprotesten im Südwesten des Landes gestürzt hatte. Die Versuche von Staatspräsident René Preval, das Regierungsamt mit Personen seines Vertrauens neu zu besetzen, sind schon zweimal an der fehlenden Mehrheit in Abgeordnetenhaus und Senat gescheitert. Auch die derzeit designierte Regierungschefin, Michele Pierre-Louis, hat noch nicht alle Gremien durchlaufen.