Kommentar: Junge-Reyer ist gescheitert

Die vom Senat versprochene Förderung von Baugruppen erweist sich als Farce: Die wirklich interessanten Baugrundstücke gehen am Ende doch an die Investoren, die am meisten bezahlen können.

Fast hatte man den Eindruck bekommen, der Senat sei wieder fähig zu gestalten. Als die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vor einem halben Jahr verkündete, dass landeseigene Grundstücke künftig bevorzugt an Baugemeinschaften vergeben werden, kam das einem unglaublichen Politkwechsel gleich. Ein halbes Jahr später ist klar: die Betonung lag auf unglaublich, nicht auf Politikwechsel. Denn das ganze Projekt erweist sich als Farce.

Als Pilotprojekt wurden fünf Grundstücke für Baugemeinschaften reserviert. Für vier davon gab es bei der eigens vom Land finanzierten Beratungsstelle nicht eine Anfrage. Das fünfte Grundstück, das einzige in zentraler Lage und auch eas einzige, bei dem es sich tatsächlich für die Baugruppen gelohnt hätte, in einen Wettbewerb der Ideen zu treten, flog vorab von der Liste. Es wird nun an einen hochkarätigen Investor verkauft.

Das ist grundsätzlich nicht falsch. Im Gegenteil. Von der Ansiedlung prestigeträchtiger Player wie Jette Joop profitiert Berlin. Doch wenn Baugemeinschaften gegen eine solche Konkurrenz anstehen müssen, ist Junge-Reyers Initiative gescheitert - am Widerstand des Finanzsenators.

Der kann Politik nach wie vor ausschließlich in Euro bemessen. Soziale Rendite bleibt für ihn ein Fremdwort. Wenn Thilo Sarrazin Einsparpotenziale begründen will, vergleicht er Berlin gern mit Hamburg. Das sollte er mal beim Thema Baugruppen machen. Denn dort hat der CDU-geführte Senat 15 Prozent der landeseigenen Wohnbaugrundstücke für diese innovativen Projekte reserviert. Der sozialdemokratisch-sozialistische Senat in Berlin aber ist dazu nicht in der Lage. Ein echtes Armutszeugnis.

Wenn in Berlin Baugruppen dennoch boomen, dann nicht wegen sondern trotz der Murkserei im Senat. Der würde gern als Förderer der Baugruppen glänzen. Tatsächlich aber verprellt er sie auf ganzer Linie.

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