Streit um Honorare: Ärzte drohen mit Streik

Nach gescheiterten Honorarverhandlungen mit den Kassen stehen die Zeichen auf Konfrontation. Bevor es zum Ausstand kommt, sind noch zwei Gespräche angesetzt.

Ärzte fordern insgesamt 2,5 Milliarden Euro mehr Honorar. Bild: dpa

BERLIN taz Wer über Arzthonorare verhandelt, muss gute Nerven haben. Wenn die Vertreter von niedergelassenen Ärzten und gesetzlichen Krankenkassen miteinander ringen, geht es eigentlich nur um Geld. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig mit Vorliebe, der jeweilige Gegenpart gefährde nichts Geringeres als die Gesundheit der Bevölkerung. So ist es auch diesmal bei den ins Stocken geratenen Verhandlungen über die Honorare der 145.000 Kassenärzte und Psychotherapeuten. Der Ton wird schärfer, die Ärzte drohen mit Streik.

Am Freitag erschienen die Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nicht zur vereinbarten Gesprächsrunde mit dem GKV-Spitzenverband. KBV-Chef Andreas Köhler kündigte an, die Mediziner wollten ihre Forderung nach zusätzlich 2,5 Milliarden Euro Honorar notfalls mit Arbeitsniederlegungen durchsetzen. Die Ärzte dürfen zwar eigentlich nicht streiken, weil sie verpflichtet sind, die medizinische Versorgung der Bürger sicherzustellen. Aber Fortbildungen oder plötzliche Urlaube bieten traditionell willkommene Vorwände. Der Verhandlungsführer der Kassen, Johann-Magnus von Stackelberg, hielt den Ärzten vor, ein "Ausstand von Freiberuflern, die im Durchschnitt mehr als 120.000 Euro im Jahr verdienen", sei ein "Unding".

Ursprünglich hatten die Ärzte 4,5 Milliarden Euro gefordert. Nach eigenen Angaben hatten die Kassenvertreter rund 2 Milliarden Euro angeboten. Die Ärzte lehnten dies jedoch mit dem Hinweis ab, in Wahrheit sei dieses Angebot nur 1,4 Milliarden Euro wert. Dies genüge nicht, um die ambulante Versorgung der Patienten zu sichern. Bislang zahlen die Kassen den Ärzten jährlich rund 23 Milliarden Euro.

Unsichtbare Dritte am Verhandlungstisch ist Ulla Schmidt (SPD). Die Bundesgesundheitsministerin hatte bereits Ende Mai mit der Ankündigung überrascht, den niedergelassenen Ärzten mehr Geld zu bewilligen. 2,5 Milliarden Euro sollen die Kassen den Medizinern ab 2009 mehr zahlen. Zum kommenden Jahr wird die Honorierung der Ärzte von schwankenden Punktwerten für Behandlungen auf feste Euro-Beträge umgestellt. Das wird die Kassen mehr Geld kosten, ohne dass sie dafür mehr Gegenleistungen der Ärzte erhalten.

Die Kassen wiederum sind in der Hand der Gesundheitsministerin. Im November wird die Bundesregierung auf ihren Vorschlag hin erstmals einen einheitlichen Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung festlegen. Bislang tun das die 217 Kassen in Eigenregie. Das heißt: Schmidt bestimmt künftig, wie viel Geld ins Gesundheitssystem fließt.

Der neue zentrale Lobbyverband der Krankenkassen, der GKV-Spitzenverband, setzt nun alles daran, nicht als Handlanger der mächtiger gewordenen Ministerin zu gelten. Ob dies gelingt, gilt als fraglich. Die Summe von 2,5 Milliarden Euro steht als Schmidts Versprechen im Raum - und damit ein weiterer Anstieg des ohnehin steigenden Beitragssatzes. Für Ende August sind zwei weitere Schlichtungsrunden angesetzt. Zuvor ist ein Ärztestreik unwahrscheinlich.

MATTHIAS LOHRE

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