Nach Entführung: Baufirma meidet Nigerias Ölgebiete

Trotz der Geiselbefreiung bleibt die deutsche Baufirma Julius Berger dem Niger-Delta fern. Nun springen die Chinesen ein.

Ein Drittel der Beschäftigten von Julius Berger arbeitet in den Ölfördergebieten des Landes. Bild: dpa

Es war ein kurioses Ende einer dramatischen Geiselnahme. Kämpfer der größten Rebellenbewegung in Nigerias Ölfördergebieten, der MEND (Bewegung für die Emanzipation des Nigerdeltas) stürmten am Donnerstag ein Buschlager, in dem der 43-jährige Jürgen Vetten und der 60-jährige Bernd Mechlen seit fünf Wochen von einer bewaffneten Gruppe festgehalten worden waren. "MEND hat eine erfolgreiche Befreiung der beiden deutschen Geiseln und Julius-Berger-Mitarbeiter durchgeführt", lobte die militante Organisation sich selbst in einer Erklärung und begründete ihr Einschreiten humanitär: "Die ältere der beiden Geiseln hatte während der Entführung schwere Rückgratverletzungen erlitten und könnte lebensrettende Maßnahmen brauchen." Dem widersprach ein Sprecher von Bilfinger Berger, Mannheimer Mutterkonzern von Julius Berger: "Die beiden sind körperlich unversehrt. Es geht ihnen den Umständen entsprechend gut."

Julius Berger ist Nigerias größte Baufirma und einer der größten privaten Arbeitgeber des Landes. Vieles davon, was Afrikas bevölkerungsreichstes Land an Flughäfen, Autobahnen und anderer Infrastruktur besitzt, geht auf die Arbeit der Deutschen zurück, wofür diese während der 1999 beendeten Militärdiktatur viel Kritik ernteten. Heute beschäftigt Berger nach eigenen Angaben 17.000 bis 18.000 Mitarbeiter in Nigeria mit einem Umsatz von 350 Millionen Euro im letzten Jahr, ein Drittel davon in den Ölgebieten des Nigerdeltas. Nigeria ist Afrikas zweitgrößter Ölproduzent, aber große Teile der Förderung liegen wegen ständiger Angriffe brach.

Die beiden Berger-Mitarbeiter waren am 11. Juli im Ort Emohua unweit der Ölmetropole Port Harcourt von 15 schwer bewaffneten Männern entführt worden. Julius Berger verkündete danach die Einstellung seiner Arbeiten in den beiden Bundesstaaten Rivers und Bayelsa im Nigerdelta. 4.500 Arbeiter sind seitdem arbeitslos, wichtige Bauprojekte wie die Anbindung der Stadt Yenagoa, Hauptstadt der Provinz Bayelsa, an das Überlandstraßennetz liegen still. Die Rebellen in der Region, die eigentlich mehr Infrastruktur wollen, finden das nicht gut und kündigten an, die Geiselnahme alsbald zu beenden. Anfang August forderte MEND Julius Berger auf, ins Nigerdelta zurückzukehren und dafür seine Bauprojekte in Nigerias Hauptstadt Abuja aufzugeben. Dem werde man nicht Folge leisten, sagte ein Konzernsprecher gestern der taz. Eine Rückkehr in das Nigerdelta sei von einer "grundlegenden Verbesserung der Sicherheitslage" abhängig.

Die Regierung des Bundesstaats Rivers um Port Harcourt, wo Berger ein Gaskraftwerk baut, will nicht so lange warten. Man habe stattdessen Verhandlungen mit dem chinesischen Konkurrenten China Harbour and Engineering" aufgenommen, erklärte Provinzgouverneur Chibuike Amaechi diese Woche. "Wir sind dabei, unser eigenes Wirtschaftszentrum zu zerstören", kritisierte er die Rebellen in einer Rede. Sie seien daran schuld, dass sich immer mehr Firmen aus den Ölgebieten in andere Teile Nigerias zurückziehen und das Nigerdelta ökonomisch zurückbleibe. "Es sind nicht die Armen, die wegziehen, die können sich keine Häuser in Abuja und Lagos leisten", mahnte er. "Es sind die Reichen. Wenn ich hier fertig regiert habe, werde ich wohl auch nach Abuja ziehen."

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