Verhältnis China und Japan: Jubel für japanische Schwesterblumen

Chinas Umgang mit Japan: Das chinesische Publikum hegt keinen Groll mehr gegen japanische Sportler. Im Zweifelsfall sorgen amtlich bestellte Jubelchinesen für die gewünschte Harmonie.

Gekämpft wird nur auf dem Parkett, hier Kyoko Hamaguchi für Japan (in rot) gegen Jiao Wang of China (in blau). Bild: dpa

PEKING taz Harmonisch sollten die Spiele sein. Aber Harmonie zwischen Chinesen und Japanern, und dann noch im Stadion? Daran hatte niemand geglaubt. Doch am Dienstagabend schlug die japanische Baseballmannschaft China mit 10:0. Und was geschah? Kein Aufstand. Keine Prügelei. Nicht einmal ein gellendes Pfeifkonzert. Artig ging das enttäuschte chinesische Publikum nach Hause. Die hellwache japanische Boulevardpresse konnte am Mittwoch nur über einen chinesischen Pitcher schimpfen, dem dreimal ein "dead ball" unterlief. Dabei trifft der harte Ball den Schlagmann und kann ihn verletzen. Also fragte man sich, ob der chinesische Werfer den japanischen Schlagmann absichtlich verletzten wollte - in diesem Fall eine weit hergeholte Unterstellung, die aber nur belegt, wie schwer es dem japanischen Boulevard während der Olympischen Spiele fällt, sein traditionelles chinesisches Feindbild zu pflegen.

Tatsächlich aber war der Antijapanismus vieler Chinesen vor den Spielen eine der größten Sorgen der Veranstalter. Man erwartete nationalistische Ausschreitungen gegen japanische Sportler und Zuschauer wie vor drei Jahren, als beim Finale der Fußballasienmeisterschaft in Peking der japanische Botschafterwagen zerstört wurde und im Stadion antijapanische Krawalle ausbrachen. Das erschien damals als logische Folge der chinesischen Schulbildung und Geschichtsbetrachtung, die immer wieder den Sieg von Chinas Kommunisten im Zweiten Weltkrieg über die japanischen Besatzer feiert und Japans unzureichende Kriegssühne betont.

Doch nun herrscht bei Olympia plötzlich unerwartetes Einvernehmen. "Im Großen und Ganzen ist die japanische Mannschaft bei den chinesischen Zuschauern sehr beliebt", sagt Wang Wei, Sprecher des Pekinger Organisationskomitees der Spiele (Bocog) - und handelt sich damit nicht mal eine Abfuhr in Japan ein. Der Grund: Das Publikum benimmt sich, zeigt manchmal sogar Sympathie für Japaner.

Allen voran eroberte der zweifache japanische Goldmedaillensieger im 100- und 200-m-Brustschwimmen, Kosuke Kitajima, als einziger herausragender asiatischer Schwimmer bei den Spielen die Gunst der Zuschauer. Schon im Stadion wurde er von Chinesen angefeuert, die Pekinger Presse ernannte ihn zum "asiatischen Brustschwimmkönig". Ebenso hochgejubelt wurden zwei japanische Schwestern, die als Ringerinnen antraten - die jüngere von ihnen gewann nach Athen zum zweiten Mal Gold. Die chinesischen Presse taufte sie "Schwesterblumen".

Schwerer hatten es Japans Fußballerinnen, als ihnen die Gastgeber im Viertelfinale mit 0:2 unterlagen. Da kam im Stadion das alte Hassgeschrei auf, wurde aber von tausenden amtlich platzierten Zuschauern gedämpft, deren Aufgabe es war, auch die Gegenseite anzufeuern. Hier zeigte sich, wie viel Politik im Spiel war. Denn die Vorsorge im Stadion war nur die letzte von vielen Maßnahmen. Schon seit Monaten berichten die parteigelenkten Medien nicht mehr so eindeutig negativ wie zuvor über Japan. Partei- und Staatschef Hu Jintao war in diesem Jahr bereits zweimal in Japan, um daheim die Wellen zu glätten.

Das Ergebnis ernteten am Ende auch Japans Fußballerinnen: Beim Halbfinale in Peking gegen die USA saßen sie nach dem verlorenen Spiel noch lange auf dem Rasen. Niemand hatte sie diesmal ausgebuht. Sie saßen in Ruhe genau an dem Ort, wo es drei Jahre zuvor die Krawalle gegeben hatte.

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