Aktienkurse an der Moskauer Börse: Die Euphorie nach der Panik
Am Mittwoch war die Börse in Moskau wegen dem Fall der Aktienkurse geschlossen worden, am Freitag gingen die Werte steil nach oben.
MOSKAU taz Monatelang kannten die russischen Börsenkurse nur eine Richtung: nach unten. Doch am Freitag ging es plötzlich bergauf. Euphorische Anleger trieben die Kurse derart in die Höhe, dass der Handel zweimal eingestellt werden musste. Der RTS-Index legte um 22,7 Prozent zu, der ebenfalls wichtige Micex-Index gar über 28 Prozent.
Der Grund für die Kehrtwende sind Kredite und Steuererleichterungen von bis zu 3.000 Milliarden Rubel (82 Milliarden Euro), die die Regierung am Donnerstag in Aussicht gestellt hatte. Unter anderem erhielten die Staatsbanken Sberbank und VTB 13 Milliarden Euro, um eigene Aktien zurückzukaufen.
Mit weiteren 30 Milliarden Euro sollen Liquiditätsengpässe im Bankensektor behoben werden. Freuen können sich auch die russischen Energiekonzerne: Die Exportzölle für Öl werden gesenkt.
Zu dem Eingriff entschied sich die Regierung erst, nachdem sie die Situation zuvor wochenlang schöngeredet hatte. Präsident Dmitri Medwedjew wollte noch Anfang der Woche nichts von einer Krise wissen.
Dabei ist die Lage an der Moskauer Börse schon länger rabenschwarz: Der RTS-Index hat zwischen Mitte Mai und Mitte September fast 60 Prozent seines Werts verloren. Richtig eingesetzt hatte die Talfahrt Ende Juli, als Premierminister Wladimir Putin dem Bergbaukonzern Mechel wegen angeblicher Preismanipulationen mit Konsequenzen drohte. Dann kam der Krieg mit Georgien, in dessen Folge ausländische Investoren innerhalb weniger Tage weitere Milliarden abzogen, weil ihnen das Geschäft mit Russland zu riskant erschien. Als schließlich die Kurse weltweit einbrachen und auch die Ölpreise sanken, begann an der russischen Börse der freie Fall. Am vergangenen Mittwoch waren die Verluste dann zu groß geworden. Der Handel wurde für eineinhalb Tage eingestellt.
Trotz der gestrigen Euphorie an der Börse bleiben die Zukunftsaussichten eher schlecht. "Es ist jetzt schon offensichtlich, dass die Inflation größer und das Wirtschaftswachstum kleiner wird", fasst der Ökonom Ewsej Gurwitsch die Folgen der Finanzkrise zusammen. Hinzu kommen Liquiditätsengpässe, die einige kleinere und mittlere Banken melden.
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