Kommentar Keine Bildung für Illegale: Lebensrealität anerkennen

Illegale Einwanderung lässt sich mit demokratischen Mitteln begrenzen, ganz zu verhindern ist sie nicht. Das Recht auf Bildung gilt für alle Kinder. Unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.

Zwischen 500.000 und einer Million Menschen, so schätzen Experten, halten sich illegal in Deutschland auf. Sie arbeiten auf dem Bau, putzen Wohnungen oder betreuen Kinder und Alte. Eine Chance, legal nach Deutschland zu kommen, um hier zu arbeiten, haben diese Menschen nicht. Dennoch leben sie hier und werden auch weiterhin kommen - solange es ein Wohlstandsgefälle in der Welt und den Bedarf an billigen Arbeitskräften in Westeuropa gibt. Illegale Einwanderung lässt sich mit demokratischen Mitteln begrenzen, ganz zu verhindern ist sie nicht.

Sämtliche Bundesregierungen haben die Lebensrealität der Betroffenen jahrzehntelang ignoriert. Besonders die Union hat sich im Umgang mit diesen Einwanderern unbeweglich gezeigt. Insofern ist es ein großer und begrüßenswerter Schritt, dass sie nun Kindern ohne legalen Aufenthaltsstatus einen regulären Schulbesuch ermöglichen will. Wozu sie laut der von Deutschland ratifizierten UN-Kinderrechtskonvention allerdings sowieso verpflichtet ist.

Doch auch in anderen Bereichen können statuslose Migranten nur um den Preis von Entdeckung und Abschiebung die Einhaltung der Menschenrechte für sich reklamieren. Beispiel medizinische Versorgung: Aufgrund ihrer Lebensbedingungen, der psychischen Belastung, ungesunder Ernährung und körperlich stark belastender Arbeit sind Statuslose besonderen gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt. Ein Krankenhausaufenthalt ist aber mit dem großen Risiko der Entdeckung verbunden. Deshalb sind die Betroffenen bisher vom sozialen Engagement einzelner Ärzte, Krankenschwestern oder Hilfseinrichtungen abhängig. Das muss sich ändern.

Derzeit ist allerdings noch nicht einmal sicher, ob die Veränderung beim Schulbesuch wirklich kommen wird. Schließlich betont die Union, dass sie dies im Einvernehmen mit den Ländern regeln will. Und die reagieren bislang abwartend bis ablehnend. Zu befürchten ist daher, dass sich die Bundes-CDU letztlich doch hinter den Ländern versteckt und alles bleibt, wie es ist. Genau das aber darf nicht passieren. Denn das Recht auf Bildung gilt für alle Kinder. Unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.