Unentschieden Frankfurt gegen Bielefeld: Skepsis und blanker Hass
Eintracht Frankfurts armseliges Gekicke bringt Trainer Friedhelm Funkel in arge Bedrängnis.
FRANKFURT/MAIN taz Einen freien Montag, das meint Friedhelm Funkel, hätten sich die Profis von Eintracht Frankfurt redlich verdient. "Die sollen mal andere Gesichter und was anderes als das Trainingsgelände sehen", hatte der Trainer nach dem erbärmlichen 1:1 (0:1) im Heimspiel gegen Arminia Bielefeld verkündet.
So traten gestern an der Arena im Frankfurter Stadtwald andere zum Dienst an - zuvorderst jene Arbeiter, die den von einem Madonna-Konzert und einem Finale im American Football völlig ramponierten Rasen reparierten, "auf dem man nicht vernünftig Fußball spielen kann, da hat es gerade die Heimmannschaft besonders schwer", wie Arminia-Coach Michael Frontzeck am Sonntagabend nach Spielschluss ausgeführt hatte. Es war ein ziemlich durchsichtiger Versuch, dem Kollegen zur Seite zu springen. Frontzeck kennt aus Bielefeld ja zur Genüge das Akzeptanzproblem, das Friedhelm Funkel gerade einmal wieder in Frankfurt plagt. Seit seinem Amtsantritt im Juli 2004 wird der Neusser in der Bankenmetropole zwar meist geachtet, aber er ist nie geliebt worden. Im Moment schlägt dem Eintracht-Trainer teilweise blanker Hass (Zuschauer) und teilweise überaus große Skepsis (Aufsichtsrat) entgegen.
"Funkel raus!", skandierten nicht wenige aus der Kulisse heraus, bereits beim Verlesen der Aufstellung, und nach dem 0:1 von Artur Wichniarek (7.) verhöhnte, ja verlachte die Anhängerschaft die völlig verunsicherte Mannschaft. So eine vergiftete Atmosphäre hat in der jüngeren Vergangenheit nicht geherrscht in der Arena. Völlig normal sei der Protest, beteuert Heribert Bruchhagen: "Die Leute sind enttäuscht, dann rufen sie nicht ,Wir sind enttäuscht', sondern ,Funkel raus'." Das sei auch andernorts so.
Der Ostwestfale an der Spitze des hessischen Traditionsklubs traut Trainer und Mannschaft zu, "die Lage zu meistern". Funkel stehe derzeit nicht zur Disposition. "Der Trainer ist angespannt wie wir alle." Irgendwann im kleinen Kreis hat Friedhelm Funkel, Vater zweier Töchter, auch gestanden, dass die Pfiffe und Schmähungen "nicht angenehm" seien, "aber das hat auf mein Wohlbefinden keinen Einfluss - und meine Entscheidungen sind davon völlig unabhängig."
Das mag sein - doch es kommt der Zeitpunkt, da entscheiden andere über das Wohl und Wehe eines Fußballlehrers. Hätte Bruchhagen sonst den Kardinalsatz der letzten Tage fallen lassen, es könne einen Zeitpunkt geben, "um Schaden vom Klub und vom Trainer abzuwenden"? Dass das in Winter und Sommer mit Millionenaufwand verstärkte Eintracht-Ensemble derzeit den wohl armseligsten Fußball der Liga spielt, dass Leistungsträger stagnieren oder sich zurückentwickeln, dass nicht einmal rudimentäre Ansätze von Konzept oder Strategie zu erkennen sind und ein mit mehr als 25 Millionen Euro teurer Profikader in fünf Bundesligaspielen zusammen kein Dutzend an Torchancen kreiert - all das fällt jetzt auf Funkel zurück.
Der Cheftrainer, dessen Anteil am seriösen Aufbau und Aufstieg der Marke Eintracht unbestritten ist, beschreibt selbst den Teufelskreis, in dem seine Vertrauten sich gerade bewegen. "Leistungsträger fehlen … Spieler kommen langsamer in Fahrt … Es klaffen Leistungslücken zwischen Training und Spiel … Im Spiel kommt kein Spielfluss auf … Es fehlt das Selbstvertrauen." Und es fehlen Siege. Aus sieben Pflichtspielen resultiert nur ein einziges Erfolgserlebnis - in der ersten Pokalrunde in Pfullendorf.
Am Samstag geht es nach Mannheim zum frechen Emporkömmling 1899 Hoffenheim. "Das heißt ja nicht, dass wir da keine Chance haben", sagt Funkel trotzig, "ich weiß, dass wir in der Pflicht sind, das Vertrauen mit Siegen zurückzuzahlen." Besser wäre das. In Frankfurt sind viele Reizschwellen bedenklich niedrig und einige Zündschnüre bereits bemerkenswert kurz geworden.
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