Horst Seehofers Comeback: Vom Außenseiter zum Hoffnungsträger

Der designierte CSU-Vorsitzende kennt Krise wie Erfolg aus eigener Anschauung. Horst Seehofer wurde noch vor einem Jahr von seiner Partei abgewatscht, jetzt soll er die CSU retten.

Bislang war Seehofer die Parteiräsion oft wurscht. Als Parteichef wird er das ändern müssen. Bild: reuters

BERLIN taz Horst Seehofer ist so einer: immer da, wenn die Katastrophe eintritt. Das ist dieser Tage so, da der Bundesverbraucherminister nach dem bayerischen Wahldesaster den CSU-Parteivorsitzenden Erwin Huber beerben soll. Und das war schon 1974 nicht anders, als der Verwaltungsfachangestellte Seehofer Geschäftsführer des Rettungszweckverbandes Ingolstadt wurde. Das ist sozusagen ein hauptamtlicher Katastrophenfolgen-Beseitiger. Man kann sich denken, dass der 25-jährige Horst den Job als Rettungsengel gut gemacht hat.

Nun soll Horst Seehofer seine Partei retten. In dreieinhalb Wochen wird ihn ein Sonderparteitag zum neuen Vorsitzenden wählen, außerdem soll er auf Wunsch der CSU-Parlamentarier 2009 als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf ziehen. Sie brauchen halt jetzt ganz schnell einen starken Mann. Es geht im kommenden Jahr auch um ihre Mandate - die 32 am Sonntag abgewählten Landtagsabgeordneten sind eine ernste Warnung.

Es wird dem 59-Jährigen eine Genugtuung sein, dass im Moment der Krise alles auf ihn zuläuft. Noch vor Jahresfrist, beim Kampf um die Stoiber-Nachfolge, hatte ihn seine Partei gedemütigt. Das Rennen um den Vorsitz machte damals mit 58 Prozent sein Rivale Erwin Huber. Seehofer - zu dieser Zeit wegen einer Affäre mit der Mutter seiner gerade geborenen Tochter durch die Boulevardpresse geschleift - bekam nur 39 Prozent der Stimmen. Als Parteivize hingegen erhielt er 92 Prozent - mit Bravour in die zweite Reihe abgeschoben. Die Niederlage wird er als Ansporn aufgefasst haben.

Gegen das Führungstandem Huber/Beckstein, sagte er damals, habe er "auf diesem Parteitag" keine Chance gehabt. Am 25. Oktober 2008, genau ein Jahr und vier Wochen später, gibt es wieder einen Parteitag. Und diesmal werden sie ihn wählen. Einer muss die CSU wieder zur Macht führen, einer, dessen Sympathiewerte bundesweit überragend sind: Seehofer.

Seehofer kennt die Krise und den Erfolg. Seit 19 Jahren gehört er jeder unionsgeführten Regierung an. Bis zu Kohls Abwahl 1998 war er Staatssekretär und Gesundheitsminister, im Merkel-Kabinett macht er erfolgreich den Verbraucherminister. Der Kanzlerin, mit der ihn während der Jahre in der Opposition eine Rivalität auf Augenhöhe verband, fährt er nun nicht mehr in die Parade. Mittlerweile heißt er sogar ihren Gesundheitsfonds gut, gegen den er jahrelang angekämpft hat. Horst Seehofer weiß eben, wann Streit opportun ist.

Parteiinterne Gegner muss der großgewachsene Lächler momentan nicht fürchten. Zu Zeiten, da der wieder als Parteiheiliger gehandelte Edmund Stoiber von jedem Dahergelaufenen abgewatscht werden durfte, hielt Seehofer sich mit derlei Unappetitlichkeiten zurück. Im Gegenteil, der Parteivize lud Stoiber in sein Haus nach Ingolstadt ein, auch am Montag nach der Wahlschlappe holte er sich dessen Rat. Die ältere CSU-Wählerklientel weiß Loyalität zu schätzen.

Ohnehin, sagen die, die ihn kennen, denke Horst Seehofer nicht mehr in Freund-Feind-Kategorien. Seit er 2003 an einer Herzmuskelentzündung beinahe gestorben wäre, habe er an Unabhängigkeit gewonnen. Politik, sagte er damals, habe nun eine andere Wertigkeit für ihn. Das hieß: Parteiräson ist mir wurscht. Als Parteivorsitzender wird er diese Haltung wohl noch einmal überdenken müssen.

Womöglich werden aber auch seine Fraktionskollegen bald ins Nachdenken kommen. Denn der Neue gilt als antineoliberaler Sozialpolitiker, das S im CSU-Logo ist für ihn mehr als wohlfeile Verheißung. Ihm sei der "Dienst am Mitmenschen" wichtig, sagte das Mitglied der Katholischen Arbeitnehmerbewegung und Bayerns Landesvorsitzender der Christlich Sozialen Arbeitnehmer denn auch gleich nach Bekanntgabe seiner Kandidatur. Im Spezlland Bayern könnte das die nächste innerparteiliche Krise geben.

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