Kommentar Deutsche Bahn: Keine Frage von Minuten

Mehr Fahrgastrechte bei der Bahn: Auf das Kleingedruckte kommt es an. Nicht die Minuten sind entscheidend, sondern wie und bei wem die Kunden ihr Recht einklagen können.

Die Bundesregierung legt ein Gesetz vor, dass Bahnunternehmen bei Zugverspätungen zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet - und was macht die Deutsche Bahn? Sie freut sich.

Das Unternehmen findet, dass kommendes europäisches Recht damit sinnvoll umgesetzt werde. Das stimmt misstrauisch. Tatsächlich ist es wenig einleuchtend, dass die verantwortliche Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) es unter Verweis auf anstehende europäische Regelungen ablehnt, den Fahrgästen in Deutschland mehr Rechte einzuräumen: Erst bei Verspätungen ab einer Stunde gibt es 25 Prozent des Fahrpreises zurück. Da war der CSU-Kollege im Kabinett, Verbraucherschutzminister Horst Seehofer, schon mal weiter. Er wollte immerhin, dass die Kunden schon ab 30 Minuten Verspätung Geld bekommen.

Allerdings ist die Minutenfrage gar nicht unbedingt entscheidend. Viel wichtiger ist, wie Fahrgäste ihre Ansprüche künftig anmelden können. Schon jetzt bietet die Bahn ihren Kunden, die Opfer von langen Wartezeiten wurden, ja Entschädigungen an. Der Fahrgast muss sich die Verspätung direkt beim Schaffner oder, innerhalb von zwei Tagen, am Fahrkartenschalter bestätigen lassen - nur um einen Gutschein beantragen zu können, der dann ebenfalls umständlich eingelöst werden muss.

Bisher war das eine hübsche Strategie der Bahn, um auf dem Papier Kundenfreundlichkeit zu demonstrieren, de facto aber um viele Zahlungen herumzukommen. Die Bahn macht aus ihren Verspätungen sowie den daraus resultierenden Entschädigungszahlungen zwar ein Geheimnis. Aber es ist anzunehmen, dass viele Kunden auf eine Entschädigung verzichtet haben. Zu umständlich, zu bürokratisch ist das Verfahren.

Beim künftigen Gesetz wird es deshalb also auf das Kleingedruckte ankommen, das noch nicht im Entwurf fixiert ist: Bei wem und wie können die Kunden ihre Entschädigung beantragen? Wird es enge Fristen geben? Noch müssen Bundestag und Bundesrat Zypries Werk zustimmen. Sie haben also noch die Möglichkeit, es im Sinne der Kunden zu präzisieren.

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Jahrgang 72, schreibt über Rohstoffthemen, Chemie und gerne auch den Wald. (Mit-)Autorin verschiedener Bücher, zuletzt eine Stoffgeschichte über Seltene Erden.

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