Bankenkrise senkt Spendenwilligkeit: Deutsche Sponsoren zurückhaltend
Die Etats für private Kulturförderung schrumpfen durch die Finanzkrise auch in Deutschland und der Schweiz. Vorzeigeprojekte haben die besten Chancen, weiter gefördert zu werden.
BERLIN taz Es war ein Moment ganz nach dem Geschmack von Josef Ackermann und Max Hollein, als sie am Mittwoch den Deal zwischen ihren beiden Häusern bekannt gaben: Ackermanns Deutsche Bank überlässt aus ihrer Unternehmenssammlung dem Städel Museum von Hollein 600 Werke als Dauerleihgabe. Man wolle ein Zeichen für gesellschaftliches Engagement setzen, betonte Ackermann. Für Hollein, der dem Traditionsmuseum in Frankfurt am Main die größte Sammlungserweiterung in seiner Geschichte bescherte, ist es der "Höhepunkt einer langjährigen Partnerschaft."
Doch das ohnehin rare Beispiel einer "Public Private Partnership" nach amerikanischem Vorbild steht in stürmischen Wirtschaftszeiten noch einsamer da. Generell werden es Kulturinstitutionen auch hierzulande schwerer haben, an privatwirtschaftliche Förderung zu kommen. Anders als beim tradierten US-Mäzenatentum besteht diese Förderung in Deutschland weitgehend aus kurzfristigen Spenden und Sponsoring. Von zirka 525 Millionen Euro, die laut einer Emnid-Studie bisher jährlich für private Kulturförderung ausgegeben wurden, waren nur 125 Millionen Stiftungsgelder, die unantastbar regelmäßig fließen müssen. Der Löwenanteil setzte sich aus Spenden (50 Millionen Euro) und Kultursponsoring (350 Millionen Euro) zusammen.
"Die Spendenbereitschaft ist in der aktuellen Lage natürlich extrem gering ausgeprägt", sagt Stephan Frucht vom Arbeitskreis Kultursponsoring beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Wer in diesen Tagen bei den Banken nachfragt, kann gequälte Sponsoring-Beauftragte erleben. Die schweizerische UBS überprüft derzeit alle Projekte, die nicht in das Ermessen regionaler Filialen fallen, wie etwa die Unterstützung des Filmfestivals Locarno im Tessin. Eine Routine, versichert man, doch natürlich spiele die momentane Lage eine Rolle. Die UBS hat in den ersten beiden Quartalen 2008 rund 7,6 Milliarden Euro Verluste ausweisen müssen und am Donnerstag angekündigt, im Investmentbereich weitere 2000 Stellen zu streichen. Bestehende Sponsoringverträge seien nicht gefährdet, heißt es dennoch, künftig wohl auch nicht Imageprojekte wie die Kunstmesse Art Basel, die die UBS kontinuierlich bedacht hat.
Vorsichtige Stimmung auch bei der deutschen KfW Bankengruppe. Man werde langfristige Partnerschaften wie mit dem Museum für Moderne Kunst in Frankfurt oder dem Rheingau-Musikfestival nicht infrage stellen, man suche aber auch nicht nach neuen Partnern. Selbst die Deutsche Bank wird wohl bei den kurzfristigen Mitteln sparen, die bisher unabhängig von den großen strategischen Projekten beantragt werden konnten. Spendengelder "atmen mit der Geschäftsentwicklung", wie es der Sprecher Klaus Winker ausdrückt: "In schwierigen Zeiten nein, in guten Zeiten ja."
Die Kulturszene muss sich also darauf einstellen, dass die Sponsoringetats derzeit eher zurückgefahren werden. Hinzu kommt, dass von der US-Krise unabhängige Fusionen wie die der Commerzbank mit der Dresdner Bank die Zahl der Förderer reduzieren.
Städel-Chef Max Hollein prophezeit einen härteren Wettbewerb um die verbleibenden Gelder, den jene gewinnen, die ihr Profil am besten schärfen. "Die kulturellen Institutionen müssen noch klarer kommunizieren, worin ihre Gegenleistung für das Unternehmen liegt", sagt er. Doch ist es absehbar, dass kleinere Projekte, Bibliotheken und Archive abseits der Hochkultur, die von jeher schlechtere Karten hatten, es nun noch schwerer haben werden. Die viel beschworene Entwicklung des deutschen Kultursponsorings nach dem amerikanischen Vorbild dürfte noch langsamer vorankommen. Denn den 525 Millionen Euro aus privater Hand standen laut dem BDI-Arbeitskreis Kultursponsoring zirka 8 Milliarden öffentliche Kulturfinanzierung gegenüber. Rund 94 Prozent des deutschen Kultur- und Geisteslebens werden immer noch vom Staat bezahlt.
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