Wirtschaftsvertreter in Ministerien: SPD will mehr über Lobbyisten wissen

Was macht die BASF im Umweltministerium? Abgeordnete verlangen mehr Transparenz für "externe Mitarbeiter".

Fromme Botschaften nur Fassade: In diesem Ministerium arbeitet ein BASF-Lobbyist. Bild: dpa

BERLIN taz Der erste Regierungsbericht über die Beschäftigung von Lobbyisten in Ministerien löst bei der SPD-Fraktion Missfallen aus. "Ich habe noch eine Reihe von Fragen", sagt der SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann. Etwa sei die Zahl der im Berichtszeitraum Januar bis August 2008 erfassten "externen Mitarbeiter" mit 59 verblüffend niedrig. In den vergangenen zwei Jahren sei stets über rund 100 "Externe" gesprochen worden.

Seit 2006 haben das Fernsehmagazin Monitor, die Oppositionsfraktionen, die Initiative LobbyControl und der Bundesrechnungshof die Bundesregierung gezwungen, zum Einsatz von Wirtschaftsvertretern im Regierungsapparat Stellung zu nehmen. Mit einer Verordnung vom Juni dieses Jahres wurde diese Art der Leiharbeit auf sechs Monate begrenzt. Im ersten Bericht zum Thema finden sich nun die "externen Mitarbeiter" aufgezählt. Nachdem LobbyControl nachhakte, wurde vergangene Woche auch noch schnell ein "vergessener" Mitarbeiter eingefügt, der vom VDI Technologiezentrum ins Bildungsministerium geschickt wurde.

Die Ministerien haben stets bestritten, dass die von Unternehmen und Verbänden ausgeliehenen Mitarbeiter Einfluss auf Gesetze genommen hätten oder es zu sonstigen Interessenkollisionen gekommen wäre. Lediglich Fachwissen sei benötigt gewesen. Doch "möchte ich angesichts manchen Wirtschaftsvertreters auf der Liste doch noch einmal diskutieren: Was machte der da?", sagt Hartmann. Im Umweltministerium etwa saß noch bis Juli ein Chemikalien-Experte des Waschpulverherstellers Henkel, ein Anlagensicherheits-Experte der BASF wird dort noch bis Jahresende mitarbeiten.

Gemeinsam mit der Unionsfraktion arbeitet Hartmann an einem Antrag fürs Parlament, die Vorschrift vom Juni zu verschärfen. So wollen die Koalitionsfraktionen verlangen, den jährlichen Bericht über externe Mitarbeiter nicht nur im Innenausschuss, sondern auch im Plenum des Bundestags zu diskutieren. Von diesem Grad an Öffentlichkeit erhofft Hartmann sich einen "bereinigenden Effekt", sprich mehr Umsicht bei Unternehmen und Ministerien.

Außerdem sollen nicht nur entsandte Leiharbeiter erfasst werden, die größtenteils vom eigentlichen Arbeitgeber weiterbezahlt werden, sondern auch solche, die im Ministerium befristete Arbeitsverträge bekommen, verlangt Hartmann. Ob die Unionsfraktion nach anfänglicher Verständigung darüber, die Regierung unter Druck zu setzen, weiter mitzieht, steht allerdings dahin. Laut Hartmann bedürfe es bloß noch "eines einzigen Gesprächs". Eine entsprechende taz-Anfrage wurde nicht beantwortet.

LobbyControl begrüßt zwar, dass die Zahl der "Externen" zurückzugehen scheint. Die Initiative verlangt aber weiterhin eine komplette Einstellung dieser Art des Informationsaustausches zwischen Staat und Wirtschaft - zumal vor allem Unternehmen und Wirtschaftsverbände davon profitieren. Laut Bericht kam ein einziger Leiharbeiter von einer Gewerkschaft.

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