CDU-Landesvorsitz: Vorhang auf für Walther

Er hat keine Chance, aber er nutzt sie. Der zweite Kandidat für den CDU-Vorsitz überrascht seine Partei mit einer guten Rede. Ob er wirklich antritt, lässt er offen.

Es ist nicht wirklich neutraler Boden, den Dieter Walther im Rathaus Schöneberg betritt. "Berlin braucht Qualität von Henkel", hat die Junge Union im Saal plakatiert. Damit soll gleich zu Beginn klargestellt werden, gegen wen Dieter Walther antritt - gegen den designierten Parteichef, Fraktionschef, Kreisvorsitzenden und Exgeneralsekretär Frank Henkel.

Dieter Walther, 62, Vorstandsmitglied im Ortsverband Zehlendorf-Süd, hat Anfang der Woche überraschend seinen Hut in den Ring geworfen - er will neben Henkel für den Landesvorsitz kandidieren. Das Plakat der Jungen Union nimmt er gelassen. "Ein bisschen peinlich ist das", meint Walther, als er im Saal steht, "aber wers nötig hat."

Dann begegnen sie sich persönlich und geben sich die Hand. Auf der einen Seite der 44 Jahre alte, etwas bullige und rotgesichtige Frank Henkel. Ihm gegenüber der 20 Jahre ältere, ähnlich kräftige Walther, der mit weißgrauem Bart und Haar an den Dirigenten Kurt Masur erinnert.

Walther sagt, er habe nichts persönlich gegen Henkel. Er finde es bloß unmöglich, dass der bisherige Generalsekretär eines geschassten Parteichefs nun selbst Chef werden soll - und der personifizierte Neuanfang. Das wird er auch so sagen, als er später ans Mikrofon tritt und zu den 250 Parteimitgliedern im Saal reden darf.

Erst aber muss er warten. Frank Henkel redet lang, findet einen immer neuen letzten Punkt. Walthers Blick geht immer öfter zur Decke oder auf bunte Karteikarten in seinen Händen. Vor allem, weil vorher schon Monika Grütters geredet hat, die Bundestagsabgeordnete, die Henkels Vize werden soll. Sie bezeichnet die Regionalkonferenzen als erste wirkliche Basisbeteiligung bei der Berliner CDU. Als ob es nicht schon vor sechs Jahren eine noch längere Serie solcher Basistreffen gegeben hätte. Damals tourte der als Heilsbringer gehypte Christoph Stölzl an der Basis.

Nach einer Stunde ist Dieter Walther dran. Der Mann, dem Parteifreunde unter der Hand Führungsqualitäten absprechen. Dessen einzige Nähe zur Macht bislang seine Adresse war: Ernst-Lemmer-Ring, benannt nach dem früheren Berliner CDU-Chef und Bundesminister.

Doch Walther überrascht. Der Mann kann reden. Frei, nur mit den bunten Kärtchen. Ohne Worthülsen. Sparsam gestikulierend. Rhetorisch geschickt die Zuhörer vereinnahmend. Er sagt "wir" - "wir sind die Partei und nicht nur die Funktionäre."

Die 250 im Saal applaudieren gute zehn Sekunden, immerhin halb so lang wie bei Henkel. Offenbar hat Diether Walther den Ton getroffen. Etwa 30 Teilnehmer der Regionalkonferenz stellen plötzlich keine Fragen mehr. Sie sagen, was sie schon immer sagen wollten: dass sie mitbestimmen wollen. Dass es christlicher sein soll in der Partei. Dass sie sauer sind auf ihre Bosse, aber letztlich froh, wenn das Duo Henkel und Grütter schnell ins Amt käme.

Walther ist dennoch zufrieden, als die Sache nach über drei Stunden zu Ende ist. Ein guter Abend sei es gewesen, resümiert er. Ob er bei der Wahl am 18. November tatsächlich gegen Henkel antritt, will er erst kurz vorher entscheiden. Bei den anderen vier Regionalkonferenzen will er auf jeden Fall vorbeischauen - und reden: "Das wäre doch heute ohne mich eine reine Jubelveranstaltung geworden."

STEFAN ALBERTI

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