Krimi mit Prahl und Pilawa: Der sensible Klotz
Im Münster-"Tatort: Wolfsstunde" zeigt Axel Prahl sein ganzes schauspielerisches Können (So., 20.15 Uhr, ARD). Und Jörg Pilawa hat einen Miniauftritt.
D ie Macher des Münsteraner "Tatort" machen ganz schön was mit. Am Donnerstag warb die ARD mit einem großen Primetime-Quiz kostengünstig für seine Krimireihe, und die Fernsehzuschauer konnten eine Nebenrolle in einer WDR-Episode gewinnen.
Dabei musste die Crew doch schon beim Dreh ihres aktuellen Falls einen Miniatur-Auftritt von Jörg Pilawa über sich ergehen lassen. Der ARD-Allzweckmoderator, der vorgestern auch das "Tatort"-Quiz geleitet hat, spielt hier einen Reporter.
Wie schön: Die westfälische Variante des Krimiklassikers, eine über die Jahre austarierte Mixtur aus schwarzer Komödie, Gesellschaftssatire und Psychotriller, ist relativ resistent gegen solche Umwelteinflüsse und Werbegimmicks. Auch "Wolfsstunde" hat die Promotion-Einlage recht gut verkraftet. Dabei war der "Tatort" aus Münster wohl noch nie ambitionierter und angreifbarer als an diesem Sonntag.
Denn es geht um ein Sexualverbrechen, das auch Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) mental in Mitleidenschaft zieht. Eine Jurastudentin wurde erwürgt in ihrer Wohnung aufgefunden, verdächtig erscheint vor allem der verkokste Ex-Fotografenfreund des Opfers.
Da die Zeitungen Angst vor einem Serienkiller verbreiten, muss die Staatsanwaltschaft zügig handeln und präsentiert das Drogenwrack als Schuldigen. Doch Thiel will dem nicht folgen und ermittelt auf eigene Faust weiter - zum Unwillen seines Kollegen Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers).
Getrieben und dünnhäutig agiert Thiel in "Wolfsstunde" (Buch: Marc Blöbaum), und Darsteller Prahl darf endlich einmal seine ganzen Qualitäten unter Beweis stellen. Als eine Art sensibler Klotz kämpft er hier mit den Kollegen und baut sich schützend vor einer traumatisierten Bankangestellten (Katharina Lorenz) auf, die einst in ihren eigenen vier Wänden von einem Vergewaltiger heimgesucht wurde und nun plötzlich wieder in den Fokus eines Triebtäters rückt. Besorgt, verliebt, verunsichert - ganz unterschiedliche emotionale Facetten bringt Prahl so zum Leuchten.
Gleichzeitig gelingt es Regisseur Killian Riedhof, der zuvor das peinigend-präzise Pädophilenporträt "Der Kinderfreund" für die "Bloch"-Reihe in Szene gesetzt hat, in dieser Studie über Macht und Ohnmacht, die für die Münsteraner bestimmende Balance aus Härte und Humor zu halten.
Denn während Thiel sich mit den Abgründen der Triebtäterpsyche konfrontiert, steigt der Pathologe und Schöngeist Boerne in die Untiefen des Online-Dating hinab. Die bittere Erkenntnis: Je verschwurbelter die Eigenwerbung, desto ernüchternder die Begegnungen mit der realen Liebeskandidatin.
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