Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Was an der "Bahn-Boni-Affäre" eigentlich so skandalös ist - und andere "ausgewachsene Spitzenkacke".

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Fragen Sie mich nach fünf Jahren Obama bitte noch mal.

Was wird besser in dieser?

Novemberwetter resp. die heitere Seite der Klimakatastrophe.

Der US-Demokrat Barack Obama hat die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Ist ein Friedrich Küppersbusch zu unumschränkt hoffnungsvollen Gefühlen fähig?

Ungern, klar. Bush war "altes Amerika", und er war der Dämon, der den "Krieg gegen den Terror" erfunden hat, Folter, Angriffskriege, Gefangenenlager. Eher so: Meine Fantasie reicht nicht aus, mir vorzustellen, Obama könne das toppen.

Russische Kurzstreckenraketen in Kaliningrad. Ein Grund zur Sorge?

Außenminister Steinmeier nennt es "das falsche Signal zum falschen Zeitpunkt". Danach hätte er Bushs Stationierung von Atomraketen in Polen und Tschechien "ausgewachsene Spitzenkacke" nennen müssen, der ganz Mutige.

Kompromiss zur Erbschaftsteuer - Umverteilung von oben nach unten?

Ist ne simple Textaufgabe, wie oft ein Fußballplatz vererbt werden muss, bis nur noch ein Bierdeckel übrig ist. Tatsache bleibt: Geld, Grund, sonst was - ist bereits besteuert worden, bevor es vererbt wird. Auch wenn ich mich damit in anrüchiges Umfeld begebe (Seehofer, Westerwelle): Die Erbschaftsteuer widerspricht als Doppelsteuer unserem Rechtsverständnis.

Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) ist wegen der "Bahn-Boni-Affäre" unter Beschuss. Wird er sich halten?

Was Besseres als schwach performende, affärenbelastete Ressortchefs bei der Konkurrenz kann sich Merkel gar nicht wünschen. Die SPD selbst müsste ihn ersetzen, und die weiß weder wie noch mit wem. Merkels Führungsstil erinnert darin einmal mehr an Ihren Lehrmeister Kohl, der Minister - wie etwas Wörner nach der desavouierenden Kießling-Affäre - erst recht im Amt behielt. Eine harmlose, jederzeit abhängige Marionette.

Was ist eigentlich an Boni für Bahn-Manager so verwerflich?

Mehdorn etwa bekommt ein Grundgehalt, einen Bonus auf den Geschäftsverlauf und einen gestaffelten Bonus je nach Ertrag des Börsenganges. Neben der Frage "Wofür denn dann das Grundgehalt?" würde er Geld wegwerfen, käme er zu dem Ergebnis, günstigere Tarife anzubieten oder gar auf die heikle Entstaatlichung zu verzichten. Die Boni belohnen Manager, die die Bahnkarten verteuern und den ganzen Laden an der Börse verramschen.

Ist die Absatzkrise in der Autoindustrie eine Art Herzrhythmusstörung der deutschen Wirtschaft?

Des Kaufmanns Gruß ist die Klage. Wer in dieser Situation nicht ganz schnell einen auf "Ich will aber auch Staatsknete" gemacht hätte, müsste sich ja ärgern. Das Wachstumspotenzial für die Automobilindustrie sind attraktive ökologische Fahrzeuge. Die Kunden würden das als krisengerechtes Investment sehen - im Gegensatz zu ein paar Steuervorteilen auf Spritschleudern. Die Leute reagieren auf das Angebot der deutschen Hersteller so, wie Diätpatienten nach einem Tritt auf die Waage auf Sahnetorte reagieren.

Neuwahlen in Hessen. Darf man Roland "comeback kid" Koch (CDU) zu seiner Nervenstärke gratulieren?

Man behandelt Koch nicht ungerecht, wenn man feststellt, dass die Hessen ihm keine Mehrheit gegeben haben. Auch Unkraut, das nicht vergeht, bleibt Unkraut.

Erst IFO-Chef Sinn, jetzt Niedersachsens Ministerpräsident Wulff - beide sprachen von einer "Pogromstimmung" gegen Manager und Banker, mussten sich anschließend entschuldigen. Warum eigentlich?

Wulff ist nicht einschlägig vorbestraft und hat sich entschuldigt. Die in der Frage enthaltene Deutung, er habe dies nur unter Druck getan, ist spekulativ. Auffällig ist allerdings, dass dem extrem auf die treffende Formulierung und das gute Timing bedachten Wulff das passiert. Diese beiden Vorwürfe kann man Sinn nicht machen.

Am Mittwoch wird der Freistaat Bayern 90 Jahre alt. Ein Grund zum Feiern?

Habe den rechtlichen Gehalt des Begriffes "Freistaat" nie ganz verstanden. Gibt es einen geheimen bayerischen Außenminister? Ist die Bundeswehr dort Besatzungsarmee? Und was bewog die Sachsen, 1989 diesem Beispiel zu folgen? Beider Länder schmerzliche Sehnsucht nach ihren abgedankten Königshäusern?

Sorry, aber: Tokio Hotel sind von MTV als beste Live-Band der Welt ausgezeichnet worden. Schon mal reingehört ?

Traf neulich den Tonmeister, der Die Ärzte und andere Top-Acts, auf deren Wunsch inzwischen auch Tokio Hotel mischt bei Live-Auftritten. Und die schreckliche Wahrheit ist, der sagt: Ja, die Jungs können das gut.

Und was macht Borussia Dortmund?

Verkauft immer mal einen Barbarez oder Petric nach Hamburg, der bei uns nix wird und, kaum isser dort, aus dem Quark kommt und erst mal uns abschießt. Dortmund war ja auch mal Hansestadt, vielleicht so ne Art Soli.

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