Zoff bei Frankreichs Sozialisten: "Alles, nur nicht Ségolène"

Der Parteitag der französischen Sozialisten endet mit Streit: Martine Aubry bietet sich den Ségolène Royal-Gegnern als Alternative an - am Donnerstag wird abgestimmt.

In der eigenen Partei heftig umstritten: Ex-Präsidentschaftskandidatin Royal. Bild: dpa

Es war 1.30 Uhr, als Ségolène Royal die Tür hinter sich zuknallte und den Kongress in Reims verließ. Die "Nacht der langen Messer" beim Parteitag der französischen Sozialisten, in der sich die Konkurrenten in der Nacht von Samstag auf Sonntag zusammenraufen, um sich auf eine "Synthese" zu einigen, trägt ihren Namen einmal mehr zu Recht. Nur blieben dieses Mal die Dolche bis zum bitteren Ende gezückt, ein Waffenstillstand oder gar eine Versöhnung der Genossen und Genossinnen blieb aus.

Der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin Royal war es nicht gelungen, ihre parteiinternen Gegner auf der Grundlage ihrer politischen Plattform und ihrer Vorschläge für einen Kompromiss zu gewinnen. Vor den Medien beklagte sie sich, man habe ihre zur Versöhnung "gebotene Hand" verweigert. Sie setzt ihre Hoffnung jetzt auf die Parteimitglieder, die am Donnerstag über die Nachfolge des abtretenden Parteichefs François Hollande entscheiden.

Die drei Strömungen, angeführt von Bertrand Delanoë, Martine Aubry und Benoît Hamon, repräsentieren theoretisch mehr als zwei Drittel der Partei. Trotz ihrer Affinitäten gelang es ihnen nicht, sich zu einigen. "Mitterrands alte Partei ist tot", meinten frustriert einige Delegierten in der Champagner-Stadt Reims, wo früher die französischen Könige gekrönt wurden. Sie bedauerten das triste Spektakel, das ihre Partei den Franzosen bot. Zwar beschworen alle Redner Einheit, Solidarität und Erneuerung, dies aber nur, um den jeweils anderen die Schuld für den Zwist zuzuschieben.

Weil sie die Partei nicht Royal überlassen will, steigt Martine Aubry in den Ring. Sie ist den Franzosen als ehemalige Arbeitsministerin und "Mutter der 35-Stunden-Woche", aber auch als Tochter von Jacques Delors bekannt, sie hat als Bürgermeisterin von Lille in Nordfrankreich den stärksten Regionalverband im Rücken. Delanoë unterstützt offiziell weder Aubry noch Royal, Hamon hielt zunächst noch seine ziemlich aussichtslose Kandidatur aufrecht. Ohne es offen auszusprechen, hofft Aubry, dass sich für ihre Kandidatur für den Vorsitz eine Mehrheit unter dem bereits bekannten Motto "Alles, nur nicht Ségolène" bildet.

Der gemeinsame Nenner der Royal-Gegner ist die Ablehnung von Royals Ansatz einer Öffnung der Sozialisten zu einer "Massenpartei". Ihren Gegnern erscheint der Vorschlag, durch geringere Beiträge die Mitglieder in "Fans" zu verwandeln, als Sakrileg. Kern der strategischen Auseinandersetzung ist Royals Projekt einer Mitte-links-Koalition mit dem bürgerlichen Zentrum von François Bayrous Mouvement Démocrate (MoDem). Während für die meisten Sozialdemokraten in Europa eine Regierungszusammenarbeit mit bürgerlichen Partnern seit Jahrzehnten zum Alltag gehört oder zumindest keine ideologischen Gewissensbisse und keine internen Glaubenskriege mehr verursacht, bleibt schon die Vorstellung einer solchen Koalition über die Linke hinaus in Frankreich ein Tabu.

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