Vor Neuwahlen in Hessen: Das Ende der hessischen Verhältnisse

Die Wirren von Wiesbaden sind vorerst vorbei, das Parlament ist aufgelöst. Der neue Spitzenkandidat der SPD gibt den starken Mann. Macht Andrea Ypsilanti weiter?

Der Platzhirsch lässt den Außenseiter erst einmal kommen: Koch und Schäfer-Gümbel im Landtag. Bild: dpa

Der Hessische Landtag ist aufgelöst. Jetzt stehen Neuwahlen an. In die wird die hessische SPD mit der Hypothek, auch beim zweiten Versuch einer Regierungsbildung gescheitert zu sein, und mit dem neuen unbekannten Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel gehen müssen. Und der geschäftsführende Ministerpräsident Roland Koch und seine Union können sich im Gegenzug große Hoffnungen machen, zusammen mit der FDP das Land wieder ordentlich weiterregieren zu können.

Mit meist versteinerter Miene verfolgte die Landespartei- und Landtagsfraktionschefin der hessischen SPD, Andrea Ypsilanti, die Debatte vor dem einstimmigen Auflösungsbeschluss. Darin schoben sich die Vertreter der fünf im Landtag vertretenen Parteien noch einmal wechselseitig die Verantwortung für die "Hessischen Verhältnisse" zu. So warf Christean Wagner von der CDU der SPD vor, sich einer großen Koalition als Ausweg verweigert zu haben. Und "Jamaika" sei an den Grünen gescheitert.

Schäfer-Gümbel (SPD) ging anschließend die FDP hart an, weil die Partei nicht zur Bildung einer Ampelkoalition bereit gewesen sei - und die CDU nicht zu einer großen Koalition ohne Koch. Nur deshalb sei es dann zu dem "Wortbruch" des Wahlversprechens "Nie mit der Linken!" gekommen, an dem "alle 42 Abgeordneten der SPD schwer zu arbeiten" gehabt hätten, sagte der Spitzenkandidat der hessischen SPD.

Die vier Abweichler um Jürgen Walter, von denen drei erst einen Tag vor der avisierten Ministerpräsidentinnenwahl Ypsilanti die Gefolgschaft versagten, hatten von der SPD-Fraktion separierte Plätze hinter der Linken angewiesen bekommen. Janine Wissler von der Linken sprach die Isolierten dann in ihrer kämpferischen Rede direkt an: "Die Rechte bei der SPD fährt lieber die eigene Partei an die Wand als nur einen Meter nach links zu rücken!" In einer persönlichen Erklärung sagte die Dissidentin Carmen Everts erneut, dass sie sich nur aus "Gewissensgründen" der Linksregierung in den Weg gestellt habe, denn die Linke sei "in weiten Teilen eine verfassungswidrige Partei". Auch Walter gab eine ähnliche lautende Erklärung ab. Dass sich Schäfer-Gümbel auf dieser letzten Parlamentssitzung als der neue starke Mann an der Spitze der SPD gerieren durfte, sorgte für Spekulationen über die Zukunft von Ypsilanti. Dass sie im Falle einer Wahlniederlage zugunsten von Schäfer-Gümbel auch auf den Fraktionsvorsitz im Landtag verzichten solle, hatte schon Bundestagsfraktionschef Peter Struck gefordert. Als Landeschefin muss sich Ypsilanti im Frühjahr auch dem Votum eines Parteitags stellen; man munkelt jetzt, dass sie gar nicht mehr antreten werde. Roland Koch jedenfalls, der ansonsten eine staatsmännische Rede hielt, will seinen Herausforderer Schäfer-Gümbel in einen Lagerwahlkampf zwingen. Der Neue müsse jetzt sagen, ob er wieder "mit den Kommunisten" zusammengehen wolle oder nicht. Die Wähler müssten das wissen.

Dass Walter und seine Gesinnungsfreundinnen die Neuwahl anfechten könnten, weil ihnen mit der Aberkennung ihrer Parteirechte im Rahmen der Ausschlussverfahren eine Kandidatur für die Landtagswahl verwehrt sei, wies Schäfer-Gümbel am Rande der Plenarsitzung zurück. Die ergriffenen Sofortmaßnahmen der Bezirke Hessen Süd und Nord der SPD würden eine Kandidatur in den Kreisverbänden nicht ausschließen, konstatierte er. Schließlich könnten von der SPD sogar Kandidaten aufgestellt werden, die nicht Mitglieder der Partei seien. Ob sie dann auch gewählt werden, sei eine ganz andere Frage.

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