Bundesbank erwartet Rezession: Düstere Prognosen für Konjunktur

Die Bundesbank rechnet damit, dass die Wirtschaft 2009 um 0,8 Prozent einbricht. Die Deutsche Bank erwartet sogar einen Rückgang um bis zu vier Prozent. Exportabhängigkeit rächt sich.

Über der deutschen Exportwirtschaft geht die Sonne unter. Bild: ap

MÜNCHEN taz So viele alarmierende Worte finden sich sonst selten in den offiziellen Prognosen der Bundesbank: Die Stimmung in der Wirtschaft habe sich "rasant verschlechtert", schreiben die Experten der Bank in einem am Freitag veröffentlichten Bericht. Es sei ein "erheblicher Rückgang" der Realwirtschaft zu erwarten. Für die Bundesbank steht fest: Im Jahr 2009 wird Deutschlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) anders als üblich nicht wachsen, sondern massiv zurückgehen, um 0,8 Prozent. So schlechte Werte hatte die deutsche Wirtschaft zuletzt 1993. Und es könnte schlimmer kommen.

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, prophezeite in der Bild ein Minus von mindestens einem Prozent. Damit würde 2009 zum schlimmsten Krisenjahr für die Deutsche Wirtschaft seit Gründung der Bundesrepublik. Als 1975 die Ölkrise die Industrie lähmte, ging das BIP um 0,9 Prozent zurück, ein größeres Minus gab es bislang nicht. Im schlimmsten Fall könne die Wirtschaft sogar um bis zu vier Prozent schrumpfen, so Walter. Die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario schätzt Walter auf "rund ein Drittel". Er fordert von der Bundesregierung, die Mehrwertsteuer sofort um 3 Prozentpunkte zu senken. So scheint Walters Horrorprognose wie ein politisches Manöver.

Die Bundesbank ist dagegen in ihren Vorhersagen vergleichsweise vorsichtig. Sie unterstellt in ihren Rechnungen, dass die staatlichen Konjunkturprogramme in den kommenden Monaten zu greifen beginnen, und sich die Weltwirtschaft ab 2010 wieder erholen könnte. Dieses Szenario, geben die Volkswirte jedoch zu, sei "mit hoher Unsicherheit verbunden". Und 2009 habe sie selbst bei günstiger Entwicklung schon jetzt abgeschrieben.

Schuld an der Rezession, die Deutschland stärker treffen wird als andere Industrieländer, ist für die Bundesbank-Experten die hohe Exportabhängigkeit der deutschen Wirtschaft. Der Offenheitsgrad unserer Volkswirtschaft, ihre Abhängigkeit vom Welthandel ist mit über 85 Prozent des BIP so hoch wie nie zuvor. Die deutsche Wirtschaft sei damit von der internationalen Krise besonders stark betroffen, so die Bundesbank. Während sie das Risiko in ihrem Bericht noch als "gering" einschätzt, vermuten andere Experten, dass sich die Finanzkrise nun auch auf einem anderen Weg auf die Wirtschaft niederschlagen könnte.

So hat das Münchner Ifo-Institut am Freitag Ergebnisse einer Umfrage vorgelegt, die zeigen, dass es für Unternehmen in den vergangenen Wochen schwieriger geworden ist, bei den Banken Kredite zu bekommen. In 35,2 Prozent aller befragten Unternehmen schätzte man im November die Kreditvergabe der Banken als restriktiv ein. Im März waren es noch 25,7 Prozent. Besonders betroffen sind demnach größere Industrieunternehmen. Dort klagten über 40 Prozent über die mangelnde Bereitschaft der Banken, Kredite zu vergeben. "Wenn die Kredithürde höher werden sollte, haben wir ein Problem", meint Ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Die Ursache sei, dass in Deutschland zu wenige Banken das Rettungspaket der Bundesregierung in Anspruch nähmen. So sinke ihr Kernkapital. Auch eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des Verbandes Creditreform bestätigt den Trend: Viele Firmen haben Probleme, sich bei den Banken Kapital zu beschaffen. Eine Folge: Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stieg dieses Jahr im Vergleich zu 2007 um 2,2 Prozent.

Auch wenn die Konjunkturprognosen für das kommende Jahr düster aussehen, in der derzeit oft beschworenen Weltwirtschaftskrise der frühen 1930er Jahre war man andere Größenordnungen gewöhnt. Damals lag das Minus beim Bruttosozialprodukt im zweistelligen Bereich.

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