Zwischenbilanz "Pro Reli": Christen sehen den Aufschwung

Einen Monat vor Fristende melden die Unterschriftensammler für das Volksbegehren "Pro Reli" erste Erfolge. Zugleich steht deren Auftreten mehr und mehr in der Kritik - unter anderem bei Muslimen.

135.000 Unterschriften - das ist laut den Organisatoren der aktuelle Stand beim Volksbegehren "Pro Reli". Auf 170.000 müssen sie bis zum 21. Januar 2009 kommen, wenn sie ihrem Ziel näher kommen wollen. Das lautet: konfessionsgebundener Religionsunterricht soll an Berlins Schulen zum Wahlpflichtfach werden, das anstelle des Ethikunterrichts belegt werden kann.

Bisher ist Ethik für alle SchülerInnen der 7. und 8. Klassen Pflichtunterricht, Religion kann freiwillig und unbenotet zusätzlich belegt werden. An den Grundschulen ist sowohl die Teilnahme am Lebenskundeunterricht, der von der Humanistischen Union erteilt wird, wie an den von den verschiedenen Religionsgemeinschaften angeboteten Bekenntnisfächern freiwillig.

Mit der jüngsten Unterschriftenbilanz haben sich die Erfolgsaussichten des Volksbegehrens um einiges verbessert. Zwei Monate nach dem Start der Unterschriftensammlung lagen Ende November erst 70.000 Unterschriften vor. Nun konnten - nach eigenen Angaben - in knapp vier Wochen noch einmal fast ebenso viele neue Stimmen gewonnen werden. Erreicht die Initiative ihr Ziel, wird in einem Volksentscheid über das Anliegen entschieden. Stimmen dabei 25 Prozent der wahlberechtigten BerlinerInnen für ein Wahlpflichtfach Religion, wird es eingeführt.

Der Erfolg beruhe vor allem auf dem großen Aufwand, mit dem das Volksbegehren betrieben werde, sagt Steffen Zillich, bildungspolitischer Sprecher der Linken: "Dessen Anliegen wird dadurch nicht richtiger". Selbst wenn das Volksbegehren sein Ziel erreiche, hält er das Scheitern des Volksentscheids für sicher: "Umfragen zeigen ja, dass die Mehrheit der BerlinerInnen das derzeitige Modell bevorzugt."

Überdies, so der Bildungspolitiker, müsse vom Landeswahlleiter zunächst noch die Gültigkeit der gesammelten Unterschriften überprüft werden. Er sei bereits mehrfach gefragt worden, wie man gegebene Unterschriften widerrufen könne, berichtet Zillich: "Von Menschen, die unterschrieben haben und sich getäuscht fühlen, weil sie nicht richtig aufgeklärt wurden."

Zu denen, die sich getäuscht fühlen, gehören etwa Muslime, die der Einrichtung eines Wahlpflichtfachs Religion eigentlich nicht abgeneigt sind. "Man hätte darüber reden können", sagt Burhan Kesici von der Islamischen Föderation Berlin, die den Religionsunterricht für muslimische Kinder erteilt. "Aber mittlerweile haben wir den Eindruck, dass es bei der Debatte auch darum geht, den Islamunterricht zu schwächen."

Tatsächlich würde die Einführung eines Wahlpflichtfachs Religion einen von einer staatlichen Kommission erarbeiteten Lehrplan und staatlicherseits ausgebildete LehrerInnen erfordern. Dass diese Bedingungen bisher nur für den christlichen Religionsunterricht zu erfüllen sind, verschweigen die Informationsunterlagen des Volksbegehrens "Pro Reli". Für Muslime und andere Glaubensgemeinschaften, die noch keine staatlich ausgebildeten Religionslehrer vorweisen können, bedeutete die Neuregelung - jedenfalls zunächst - das Ende ihres Religionsunterrichts.

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