Neuer Präsident gesprächsbereit: Guineas Militärjunta sammelt Freunde
Allmählich überwindet der neue Präsident Camara die anfängliche internationale Skepsis über sein Regime.
LAGOS taz Die Stimmung war schlecht. Schon einmal war das Antrittstreffen zwischen Guineas neuem starken Mann und der internationalen Gemeinschaft um drei Tage verschoben worden. Nun, acht Tage nach dem Tod des guineischen Langzeitherrschers Lansana Conté und dem postwendend erfolgten Militärcoup, empfing Hauptmann Moussa Dadis Camara endlich im Amtssitz des Regierungschefs das internationale Diplomatencorps. Von einem Podium, anderthalb Meter die Diplomaten überragend, verlas er eine Erklärung. Das Wichtigste: Wahlen erst Ende 2010 - dieser späte Termin stößt international auf Kritik. Die Vertreter der internationalen Gemeinschaft hörten sich das brav an. Als sich der 44-jährige Präsident, früher Chef der Armee-Treibstoffversorgungsabteilung, erhob und gehen wollte, rief jemand aus dem Publikum aus gut hundert Diplomaten und Vertretern der guineischen Zivilgesellschaft: "Keine Fragen?"
Hauptmann Camara machte kehrt und wartete. Die Botschafterin der USA fragte nochmals nach dem Wahldatum. Ein EU-Diplomat verlas eine Erklärung, die ähnliche Töne anschlug wie die Reaktionen der Afrikanischen Union (AU) und der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas. Allesamt verurteilten sie Camaras Putsch und forderten eine Rückkehr zur Verfassung. Die AU hat Guinea bereits ausgeschlossen. Die Ecowas will keine zwei Jahre bis zur nächsten Präsidentschaftswahl akzeptieren. Denn unter dem verstorbenen Präsidenten Conté war bereits eine Parlamentswahl für Mai 2009 angesetzt, und guineische Parteien sagen, faire Wahlen in sechs bis zwölf Monaten seien möglich.
Nun brauste der Hauptmann auf. Die Stimmung im Saal drohte zu kippen. Ein Diplomat rettete die Situation und sagte zum Hauptmann Camara, dass die Sprache der Diplomatie eine sehr feine Sprache sei und die Stellungnahme der EU viele goldene Brücken enthalte. Camara, der zwei Jahre in Deutschland eine Militärausbildung absolviert hat und Deutsch spricht, fragte zurück, wo denn die internationale Gemeinschaft in den 24 Jahren der Herrschaft von Lansana Conté gewesen sei, die das Land an den Rand des Bürgerkriegs gebracht hätten. So wurde aus der Konfrontation doch noch ein fairer Schlagabtausch. Diplomaten schätzen daran vor allem, dass der neue starke Mann Guineas sich überhaupt auf den Dialog einlässt, anders als seine Vorgänger.
Viele sagen, die Stimmung in Guinea sei jetzt stabiler als vor dem Tod Contés. "Wir hatten nur eine Nacht Ausgangssperre, und ich denke, alles wird gut werden", sagt Aishatou Keita, eine Helferin in einer Nichtregierungsorganisation. Der neue Staatschef hat als Premierminister den Bankier Kabine Komara ernannt, der zu den von der Zivilgesellschaft vorgeschlagenen Kandidaten gehört hatte, nachdem 2007 Guineas Gewerkschaften in einem Generalstreik gegen Conté mobil gemacht hatten.
Gewerkschaftschefin Hadja Rabiatou Serah Diallo unterstützt die neue Regierung: "Wenn der Präsident sagt, dass Korruptionsfälle eigens untersucht, Verträge zur Ausbeutung der Bodenschätze im Interesse der Bevölkerung überprüft und gegebenenfalls für nichtig erklärt werden und die Verfassung überarbeitet wird, dann ist das eine gute Sache." Auch der Präsident des Nachbarlands Senegal, Abdoulaye Wade, äußert sich positiv: "Diese Soldaten brauchen unsere Unterstützung, lasst uns keine Steine nach ihnen werfen", sagte er. Mitglieder von Guineas Junta haben diese Woche auch Mali, Sierra Leone und Guinea-Bissau besucht. Mit Erfolg, wie es scheint: "Wir wurden von den Staatschefs empfangen, und sie haben uns alle gesagt, dass sie uns unterstützen", sagte ein Delegationsmitglied.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!