Wissenschaftler pro Teilverstaatlichung: Berater begraben Bad Bank

Der wissenschafliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums fordert mehr staatliche Beteiligung an den Kreditinstituten und die Aussetzung strenger Eigenkapitalregeln

Modell im Eimer? Wissenschaftler raten von der Idee einer Bad Bank ab. Bild: dpa

BERLIN taz Wie die Banken und Finanzmärkte besser reguliert werden können? Zwei überraschende Antworten darauf gibt der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums: Erstens, indem man ideologische Vorbehalte über Bord wirft und sich endlich klar zu Teilverstaatlichungen bekennt. Und zweitens, in dem man die paar Regeln, die es bislang gibt, abschwächt.

Konkret fordern die Politikberater in einem Brief an den Wirtschaftsminister, die Idee der Bad Bank zu begraben. Stattdessen solle sich der Staat lieber direkt an den Banken beteiligen. Zudem müsse die Eigenkapitalrichtlinie Basel II "zeitweise ausgesetzt werden", womöglich aber auch ganz abgeschafft, sagte die Beiratsvorsitzende Claudia Buch, Direktorin des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen.

Die "Dynamik der Krise" werde noch unterschätzt, so Buch. Es gebe bereits eine Kreditklemme. Basel II verschärfe diese und habe damit "systemgefährdende Wirkung".

Das Hauptproblem der Kreditinstitute sei, dass es ihnen an freiem Eigenkapital mangelt. Nach den Baseler Richtlinien müssen Banken für jedes Darlehen, das sie vergeben, Geld zurückbehalten. Bei Basel I waren das pauschal 8 Prozent. Basel II flexibilisierte die Regelung. Bei Firmen mit sehr guter Bonität müssen die Banken nun 1,6 Prozent Eigenkapital einbehalten, bei Darlehen an schlechter bewertete Unternehmen bis zu 12 Prozent.

Nun ist aber das Eigenkapital der Finanzinstitute nach Verlusten und Wertberichtigungen bei toxischen Anlagen enorm zusammengeschrumpft, so dass sie sich mit neuen Risiken wie Krediten an schlechter bewertete Unternehmen zurückhalten müssen. Neues Geld können sie sich nach Meinung der Ökonomen nur dadurch beschaffen, dass der Staat stärker bei ihnen einsteigt. "Verbunden mit einer vorübergehenden Übernahme von Verfügungs- und Kontrollkompetenzen", so Buch. Ganz geheuer ist dem Beirat dieser keynesianische Schwenk offenbar nicht. "Eine Politisierung des Bankensystems wollen wir nicht", betonte Buch. Deshalb müsse von vornherein "eine Exit-Option" festgelegt werden.

Ebenso wichtig wie die direkte Rekapitalisierung der Banken ist den Ökonomen die Aussetzung von Basel II. Neu ist die Forderung nicht - schon auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos hatten sich führende Manager dafür starkgemacht. Ziel soll sein, "das Vertrauen in die Banken wiederherzustellen".

Der Bremer Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel hält das jedoch für keinen gangbaren Weg. Es sei geradezu gefährlich, jetzt Regeln abzuschaffen, die Banken davon abhalten sollen, Geld an nicht kreditwürdige Firmen zu vergeben. "Die Unternehmen freuen sich vielleicht darüber", sagte Hickel. Der Grund für die Kreditklemme sei aber vor allem der stockende Interbankenhandel. "Und unter den Banken wird das Misstrauen nur steigen, wenn die Institute voneinander glauben müssen, dass sie auf riskanten Krediten sitzen."

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