Regionalstrecken für Privatanbieter offen: Bahner fürchten um ihre Jobs

Die Deutsche Bahn betreibt 80 Prozent aller Regionalstrecken. Nun öffnet sich der Markt privaten Anbietern. Die Bahner demonstrieren - weil sie um die Qualität ihrer Jobs fürchten.

Angst vor Billigkonkurrenz: Bahn-Mitarbeiter auf der Straße. Bild: dpa

BERLIN taz 2.500 Mitarbeiter der Deutschen Bahn und Kollegen großer privater Konkurrenten wie Veolia haben am Montag vor den Zentralen von CDU und SPD in Berlin demonstriert. Sie fürchten um die Qualität ihrer Arbeitsplätze durch mehr Wettbewerb auf der Schiene. Die Eisenbahner-Gewerkschaften Transnet und GDBA haben zu dem Protest aufgerufen. Transnet-Sprecher Michael Klein sagt: "Wir wollen, dass es auch künftig fair zugeht".

Fair - bei der Ausschreibungspraxis im Nahverkehr. Für die Regionalstrecken sind - schon seit der Bahnreform 1994 - die Länder verantwortlich. Lange Zeit haben sie die Aufträge für den Zugbetrieb meist direkt an die Deutsche Bahn AG vergeben. Diese betreibt derzeit rund 80 Prozent der Regionalzüge und S-Bahnen. Sie heimst den größten Batzen der gut 7 Milliarden Euro ein, die der Bund jedes Jahr an die Länder überweist, damit Busse, S-Bahnen und Regionalzüge fahren. So ist der Nahverkehr bislang die rentabelste Sparte der Deutschen Bahn.

Doch nach und nach laufen die Verträge aus, und die Zugstrecken werden neu ausgeschrieben. 2009 sollen es etwa 80 Millionen Zugkilometer sein. Bis zum Jahr 2020 werden die 624 Millionen Zugkilometer komplett neu vergeben sein. Die Bahner warnen nun davor, dass sich die Länder dabei am Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg orientieren könnten. Der vergibt gerade einen 1,3 Milliarden schweren Auftrag, Bahnunternehmen können sich bis Mitte März um 16 Strecken bewerben. Allerdings werden diese in vier Paketen vergeben und die Bieter dürfen maximal für zwei ein Angebot abgeben. Eine Kombination der lukrativsten Linien ist zudem ausgeschlossen. Die Strecke Magdeburg-Brandenburg-Frankfurt (Oder) wird an jemanden anderen vergeben als die Strecke Wismar-Wittenberge-Jüterborg. "Das kann bei der Deutschen Bahn 700 Jobs kosten", sagt Transnet-Sprecher Klein. Sie bedient derzeit diese Linien.

"Die Mitarbeiter haben Angst, das ist berechtigt", meint Heidi Tischmann vom alternativen Verkehrsclub Deutschland (VCD), "die Jobs werden aber nicht vernichtet." Die neuen, zumeist kleineren Anbieter holten durch mehr Service oft mehr Leute auf die Schiene. Sie hätten auch geringere Verwaltungskosten. Das sichere - wenn auch andernorts - Jobs. Bestes Beispiel sei Schleswig-Holstein, wo schon 45 Prozent aller Strecken an Konkurrenten der Deutschen Bahn vergeben sind. Bernhard Wevers, Chef der Verkehrsservicegesellschaft dort, sagt: "Wir halten alle Jobs." Eher würden es mehr, da Schleswig-Holstein sich heute mehr Strecken leiste als früher. Denn: Wer keine Exklusivverträge abschließt, sondern eine Ausschreibung macht, spare bis zu 30 Prozent der Kosten.

Bahn-Gewerkschafter Klein überzeugt das nicht. "Die Deutsche Bahn zahlt einem Zugbegleiter etwa 1.800 Euro brutto im Monat", sagt er. Das mache auch Veolia. "Aber die Konkurrenz?" Klein fürchtet Billigangebote mit Billiglöhnen. Das ließe sich in der Ausschreibung "einfach" verhindern, meint Wewers. Schleswig-Holstein formuliere das so: "Einem Zugbegleiter muss der am Ort übliche Tarif gezahlt werden." Und: "Subunternehmen, die schlechter zahlen, sind unzulässig."

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