Irakischer Journalist: Schuhwerfer-Prozess vertagt
Im Verfahren gegen den irakischen Journalisten muss das Gericht nun prüfen, ob der damalige US-Präsident Bush überhaupt in offizieller Mission in Bagdad war. Im Saal herrscht Feststimmung.
BAGDAD taz Hielt sich der frühere amerikanische Präsident George W. Bush am 14. Dezember 2008 als Staatsgast oder als Privatperson im Irak auf? Die Frage mag für Beobachter kurios erscheinen, aber von der Antwort hängt der weitere Prozessverlauf gegen den als Schuhwerfer berühmt gewordenen Journalisten Muntazer al-Zaidi ab. Er hatte Bush während seines Abschiedsbesuchs auf einer Pressekonferenz mit seinen Schuhen beworfen und befindet sich seitdem in Haft.
Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen wurde am Donnerstag vor dem Hohen Irakischen Strafgericht das Verfahren gegen Zaidi eröffnet. In den gut zwei Monaten seit seiner Festnahme ist der Journalist weltweit zu so etwas wie einem Volkshelden aufgestiegen. So herrscht für einen Augenblick beinahe Volksfeststimmung, als Zaidi den Gerichtssaal betritt. Menschen erheben sich, klatschen und trillern lautstark, eine Tante hängt ihm einen Schal in den Farben der irakischen Flagge um.
"Imam Ali ist mir dir", ruft ein Mann. Wie der Rufer ist auch Zaidi Schiit. Das erklärt, warum er mit dem Schuhwurf nicht nur für die Sunniten, sondern auch die Schiiten zum Sprachrohr aller geworden ist, die Bush für sämtliche Übel im Irak verantwortlich machen. Während seiner Aussage beschreibt Zaidi, wie er immer ärgerlicher wurde, als Bush während der Pressekonferenz von seinen Siegen und Erfolgen sprach. "Ich sah all die Witwen vor mir, die zerstörten Moscheen", sagte Zaidi. "Ich dachte an die mehr als eine Million Toten, die über fünf Millionen Waisen und die Vertriebenen, während Bush mit gefrorenem Lächeln und ohne jegliches Gefühl sprach. Ich sah das Blut an ihm herunterlaufen."
Während der knapp zweistündigen Verhandlung spricht Zaidi mit ruhiger Stimme, vergreift sich nicht im Ton oder versucht, das Gericht zum Tribunal gegen Bush umzufunktionieren, wie es seine Anwälte - ihm stehen mehr als 15 zur Seite - vor dem Prozess angekündigt hatten. Der Jouranlist erhob jedoch schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte. Diese hätten ihn mit Elektroschocks und Kabeln gefoltert, sagte Zaidi. Äusserlich schien er in körperlich guter Verfassung, doch sein Hauptverteidiger Dhia al-Saadi bekräftigte die Anschuldigungen.
Der Richter unterbrach die Verhandlung schliesslich jedoch nicht wegen der Foltervorwürfe, sondern weil Zaidi darauf bestand, dass er Bush als Privatperson und nicht als Staatsgast attackiert habe. Liege keine förmliche Einladung des Aussenminsteriums vor, könne Zaidi auch nicht wegen eines Angriffs auf ein ausländisches Staatsoberhaupt angeklagt werden, sagte sein Anwalt. In diesem Fall wäre die Sache eine Angelegenheit zwischen dem Privatmann Bush und dem Privatmann Zaidi, wobei kein Gericht im Irak wegen eines Schuhwurfs einschreiten würde, sagte Anwalt Yahya Attabi. Zudem habe Bush seinem Klienten ja bereits verziehen, indem er den Schuhwurf selbst als Ausdruck der Demokratie bezeichnet habe. Das Verfahren soll am 12. März fortgesetzt werden.
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