Kommentar Biofleisch: Zurück in die Premiumecke

Bei der Produktion von Ökoeiern werden Millionen von männlichen Küken getötet. Die Biobranche braucht neue Vermarktungsstrategien.

Das Geschäft mit Bioprodukten floriert, und die Branche feiert sich auf der BioFach, der größten Messe für Bioprodukte, selbst. Doch ausgerechnet die eingefleischten Ökos hadern jetzt mit dem Trend zu "Bio für alle" - dabei war er einst ihr erklärtes Ziel. Tatsächlich haben sie recht, wenn sie die "Aldisierung" von Bio fürchten - der Preiskampf der Discounter ist für das Einhalten von Biostandards ruinös. Aber es gibt einen Ausweg: Die aktuelle Debatte darüber, wie konventionell es im Ökostall zugeht, öffnet die Möglichkeit, endlich eine Biozucht und neue Vermarktungsstrategien auf den Weg zu bringen. Das wiederum bietet die Chance für eine neue Naturkostbewegung - weg von Industrie-Bio, zurück zu qualitativ hochwertigen Waren, zurück also in die Premiumecke.

Kleinerer Biohöfe haben jetzt öffentlich gemacht, was Biolobbyisten allenfalls hinter vorgehaltener Hand zugaben: Bei der Produktion von Ökoeiern kommt es zu einem Ausschuss von Millionen von männlichen Küken. Auch Ziegenböcke werden geschlachtet, weil sie weder für die Milch- noch für die Fleischproduktion taugen. Sicher, Verbraucher sind sensibel, wenn es um das Tierwohl geht. Insofern ist bei der Kritik an der Biofleischproduktion Präzision vonnöten. Schließlich sind vor gut zwanzig Jahren die ersten Latzhosenträger zum Ökohof gekommen, weil sie beweisen wollten: Wirtschaft geht anders. Und sie können nichts dafür, dass die Agrarindustrie über Jahrzehnte Tiere geschaffen hat, die das Landleben nicht packen.

Aber nun sollten die Ökos in die nächste Runde gehen. Auf Hilfe seitens der Politik können sie dabei leider nicht zählen. Aber es geht auch ohne: Die hessische Lebensmittelkette tegut bietet neuerdings dreimal im Jahr Bioziegenfleisch an. Und von den Gemüsebauern lässt sich lernen: Sie haben richtige Biorassen entwickelt und der Handel beteiligt sich bereits an den hohen Kosten dafür. Das ist für all die neugierigen und kaufkräftigen Kunden, die sich trotz Wirtschaftskrise Premium-Bio statt Billig-Bio schmecken lassen. Irgendwann zieht die Masse wieder nach. Das wäre perfekt.

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War von 2002 bis 2013 in der taz, leitete dort zuletzt das Inlandsressort. Jetzt gehört sie zum Büro die-korrespondenten.de im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Sie schreibt vor allem über Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftspolitik.

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