Politischer Aschermittwoch in Berlin: Geht und tut Buße!

Asche aufs Haupt der Großkopferten: ein Ortstermin beim Politischen Aschermittwoch der Kabarettisten in Berlin.

Großmeister des politischen Kabaretts: Dieter Hildebrandt. Bild: ap

Die Lage in Deutschland ist dunkel verhangen, zugig und unbequem - aber recht amüsant. Zumindest, wenn man davon ausgeht, dass beim Politischen Aschermittwoch der Kabarettisten die Landesgefühlslage widergespiegelt wird. Am Aschermittwoch in der Arena in Berlin-Treptow war es eben kalt, die Stühle unbequem, die Halle für die mehreren hundert Zuschauer mit schwerem schwarzem Stoff abgehängt und das Publikum wild entschlossen, zu lachen: über Politiker, Banker, die Medien und die Kirche. Mindestens.

Ein bisschen war es ein Mario-Barth-Pärchenlachevent für die politisch Interessierteren. Für sie gab es bereits bei der Platzwahl den ersten Intelligenztest: Waren die Stuhlnummern nun aufsteigend oder absteigend? "Absteigend abwärts!", sagt eine Besucherin bestimmt und gibt damit gleich den Trend des Abends vor. Abwärts gehts mit Deutschland, der Wirtschaft und der Politik.

Das geißeln die Kabarettisten um Großmeister Dieter Hildebrandt traditionell - Asche aufs Haupt der Großkopferten: Geht, bereut und tut Buße! Die große weite Welt lässt sich thematisch dabei leicht in vier krisengeschüttelte Teile zerlegen: Opel, Obama, B16 und Merkel.

Welche Enttäuschung etwa für alle Ostdeutschen, klärt Durch-den-Abend-Begleiter Arnulf Rating auf: Von Trabi zu Opel, von der Staatsbank zur Landesbank, von VEB Trikotagen zu Schiesser - da sieht man mal, wie toll das funktioniert mit dem Kapitalismus. Da ist ja auch Angela Merkel reingeschlittert, die doch so was sei wie der deutsche Obama: eine Schwarze im Kanzleramt, die früher auch nicht so einfach in Köln essen gehen konnte.

Da lacht die Volksseele im Saal befreit auf, mehr noch, wenn es mal so richtig schön unkorrekt ist. "Man stelle sich vor, die Juden hätten Jesus nicht umgebracht. Die Christen hätten kein Markenzeichen", sagt Matthias Deutschmann, der den Standup-Comedian gibt, und tadelt das Liebäugeln von Papst Benedikt XVI. mit dem Holocaust-leugnenden Pius-Bruder. Schließlich dürfe all das nicht vergessen werden. "Inzwischen hält ja Jopi Heesters den letzten biologischen Kontakt zum Dritten Reich."

Ein wenig Volksgericht, ein wenig Anarchie, besonders laut geklatscht wird, wenn es um Ungerechtigkeit geht. "Für Ihre 26 Euro teure Eintrittskarte wären sie bei Kaisers 20-mal rausgeflogen", sagt Deutschmann und erntet damit den zweitlautesten Beifall. Nah dran ist auch Dieter Hildebrandt, der ausgiebig über die "Verunklugung" der Bürger klagt und vorschlägt, bei Lehrermangel doch resozialisierte Banker in die Klassenzimmer zu schicken.

Doch die Krise hat auch ihr Gutes. Zum Beispiel, so klärt Wiglaf Droste auf, weil sie lehrt, dass Ver-Trauen eben davon kommt, dass man jemandem Falschen traut. Und weil dabei auch Dinge aufhören zu existieren. Vanity ungeFair etwa.

Am allerbesten aber kommt Altbewährtes an: die Altkanzler. Schröder, die "Zentralheizung Deutschlands", und mehr noch Kohl. Der sei so gewachsen, dass man zwei Länder zusammenlegen musste, sagt Rating. Das gibt den lautesten Beifall. Durch den schwarzen Vorhang der Geschichte geht es dann hinaus in die dunkle Welt. Allerdings lächelnd.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.