Einigung auf Guadeloupe: Streikende setzen sich durch

Nach mehr als sechs Wochen hat die "Koalition gegen die Ausbeutung" auf Guadeloupe ihre Forderungen durchgesetzt. Und in einem Vertrag mit 165 Artikeln schriftlich fixieren lassen.

44 Tage lang streikten sie, nun gibt der Erfolg ihnen recht: Gewerkschaftler in Point-a-Pitre. Bild: ap

"Der Kampf hat sich gelohnt", sagt Elie Domota, "aber wir müssen wachsam bleiben." Nach 44 Tagen Generalstreik auf Guadeloupe hat der Gewerkschafter am Mittwochabend im Hafen von Pointe-à-Pitre ein Abkommen unterzeichnet, das den Streik beendet. Der detailreiche Text enthält 165 Punkte. Unter anderem werden die Niedriglöhne um 200 Euro angehoben, werden Grundnahrungsmittel, Schulmaterial, öffentliche Verkehrsmittel und Benzin billiger. Und im Straßenbild soll künftig auch die örtliche Sprache Kreolisch auftauchen.

"Wir können stolz auf uns sein", sagt Domota, nachdem das Abkommen endlich steht. Die Koalition "Liyannaj kont profitasyon" (LKP) - gemeinsam gegen Ausbeutung - in der sich Vereine, nationalistische Parteien und ehedem verfeindete Gewerkschaften zusammengeschlossen haben - hat die französische Antilleninsel seit 20. Januar bestreikt. Das komplette Wirtschaftsleben auf der Insel, Tourismus und Bananenernte inklusive, lag seither brach. Eine große Mehrheit der 450.000 InselbewohnerInnen hat den Streik unterstützt. Bei manchen Demonstrationen waren bis zu 100.000 Menschen auf der Straße. Selbst die Ermordung eines Gewerkschafters in einer Nacht im Februar schreckte die Bewegung nicht ab. Dabei hat die Regierung im 7.000 Kilometer entfernten Paris wenig unversucht gelassen, den Streik abzuwürgen. Und auch die örtlichen UnternehmerInnen haben wiederholt versucht, ihn zu brechen.

In Paris hat Nicolas Sarkozy das heikle Thema der französischen Überseegebiete gemieden und totgeschwiegen. Anstelle des Staatschefs verhandelte ein Staatssekretär vor Ort. Aber als Staatssekretär Yves Jégo im Februar in Pointe-à-Pitre ein Abkommen unterzeichnete, desavouierte ihn die Pariser Regierung, holte ihn zurück und ratifizierte das Abkommen nicht.

Auf Guadeloupe sorgte der Pariser Rückzieher für Verbitterung und eine Verstärkung der Streikfront. "Die Guadeloupeaner sind keine Hunde", erklärte Domota tags drauf. Die extrem gut organisierte LKP baute nächtliche Barrikaden und stellte Streikposten vor Unternehmen auf. Es kam zu nächtlichen Bränden und Randale.

Nachdem der Streik zu Ende ist, erklärt jetzt der örtliche Zweig des großen französischen Unternehmerverbandes, "hunderte von Betrieben" würden infolge des Streiks in den nächsten Monaten pleitegehen. Doch daran glaubt die LKP nicht. Sie hat staatliche Hilfen für die Lohnerhöhungen ausgehandelt, die den knapp 50.000 NiedriglohnempfängerInnen auf der Insel, die weniger als 1.400 Euro verdienen, zukommen sollen. Die UnternehmerInnen selbst müssen nur 30 bis 100 Euro mehr zahlen, der große "Rest" der Lohnerhöhungen kommt aus dem Staatshaushalt, von den Gemeinden und der Region. Dennoch weigern sich gerade die größten UnternehmerInnen auf der Insel immer noch, das Abkommen zu unterzeichen. Viele von ihnen sind "Béké", also direkte Nachfahren der einstigen kolonialen SiedlerInnen. Ihnen gehören weiterhin die größten Plantagen sowie die großen Supermärkte und Tankstellen. Sie setzen die Preise für Grundnahrungsmittel und andere Güter des täglichen Gebrauchs fest. Und sie sind mit dafür verantwortlich, dass das Leben auf Guadeloupe deutlich teurer ist als in der Metropole. Die Durchschnittslöhne auf der Insel sind hingegen niedriger, und die Arbeitslosigkeit ist dreimal höher. Auf Martinique, der Nachbarinsel von Guadeloupe, geht der Generalstreik, der seit einem Monat dauert, weiter. Und auf La Réunion im Indischen Ozean begann der Generalstreik am Donnerstag. Das Beispiel Guadeloupe dürfte Schule machen.

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