Kommentar Eon-Gewinne: Abkassieren ohne sichtbares Ende

Die Märchengewinne haben der Strom- und Gaslieferanten haben die Kunden bezahlt. Darin zeigt sich ein großes Versagen der Kartellpolitik.

Die Angst vor Verstaatlichung geht um in Wirtschaftskreisen - ja sogar vor einem Sozialismus neuer Art. Werden wir doch einmal konkret und betrachten eine der wichtigsten Infrastrukturbranchen überhaupt, die Strom- und Gaslieferanten. Dort hat heute Eon, die Nummer eins im deutschen Markt, als letzte der Branchengrößen ihre Bilanz für 2008 vorgelegt: zehn Milliarden Euro Betriebsgewinn in einem Jahr. Bei den anderen drei Riesen RWE, Vattenfall und EnBW liegen die Gewinne ebenfalls im Milliardenbereich. Zusammen erwirtschafteten sie ein Plus von über 20 Milliarden Euro, und für das Krisenjahr 2009 sehen sie die gleiche Größenordnung - trotz Krise.

Diese Märchengewinne haben die Strom- und Gaskunden bezahlt. Darin zeigt sich ein großes Versagen der Kartellpolitik. Seit Jahrzehnten geht das im Energiesektor so, aber gerade in Zeiten der Krise wird deutlich, was ein nettes Oligopol bei einem lebenswichtigen Gut wert ist. Mögen alle Branchen und die Arbeitnehmer im Strudel der Krise versinken, Licht und Heizung brauchen sie, auch zu diktierten Konditionen. Allein durch die Beherrschung der Leipziger Strombörse, so am Montag ein Gutachten von Rechtsexperten, haben die vier im Jahr 2007 über 13,4 Milliarden Euro in ihre Taschen manipuliert. Eigentlich ein klarer Fall für die Strafverfolgung oder eine Verstaatlichung, möchte man meinen. Offensichtlich schützt sich die Branche - wie auch immer - sehr wirksam vor Eingriffen der Wettbewerbsaufsicht.

Doch Vorsicht: Vattenfall (Schweden) und EnBW (Frankreich und süddeutsche Kommunen) sind schon in staatlicher Hand, bei RWE haben Kommunen eine Sperrminorität. Und Eon war früher staatlich, molk seine Kunden aber trotzdem. Das Oligopol ist also weitgehend sozialisiert.

Da bleiben nur die Mühen der Ebene: Die EU-Kommission hat die Büros von Eon durchsucht, Beweismaterial beschlagnahmt und Maßnahmen verhängt. Die Bundesbehörden sind dazu kaum in der Lage, weil Union und SPD traditionell wegsehen. So weit zum Geschwätz von den sozialismusgefährdeten Volksparteien.

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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