Ausgestorbene Arten: Viele Vögel sind schon weg

Laut der Roten Liste gelten in Brandenburg 40 Prozent der 219 heimischen Brutvogelarten als gefährdet. Grund ist die Zerstörung des Lebensraums.

Die Zahl der Vogelarten in Brandenburg ist im Sinkflug. Das geht aus der Roten Liste hervor, die das Landesumweltamt Brandenburg zusammen mit dem Deutschen Naturschutzbund (Nabu) am Dienstag in Potsdam vorgestellt hat. Sie liefert die erste systematische Vogelzählung seit zwölf Jahren und stuft knapp 40 Prozent der 219 heimischen Brutvogelarten als gefährdet ein.

Auerhuhn, Blauracke, Kornweihe und Rotdrosseln sind schon weg - sie sind in den vergangenen Jahren ausgestorben. 23 Vogelarten könnten ihnen demnächst folgen, sind sie doch auf der Kategorie eins - vom Aussterben bedroht - gelandet. Darunter sind besonders viele Vögel, die in offenen Landschaften leben, etwa in wenig genutzten oder gar nassen Wiesen oder Mooren. Dazu gehören das Birkhuhn, der große Brachvogel oder die Uferschnepfe.

Unter Vögeln, die sich bevorzugt in Dörfern aufhalten, seien massive Rückgänge zu beobachten, sagt Nabu-Geschäftsführer Wolfgang Mädlow. Vor allem im Berliner Speckgürtel nähmen "Dörfer den Charakter von Vorstädten an", sagt Mädlow. Das führe zu immer weniger verwilderten Ecken, weniger Kleintierhaltung oder Streuobstwiesen - die Grünfinken, Rauchschwalben oder Dohlen aber brauchen. Bewohnern am Stadtrand empfiehlt Mädlow, heimische Gewächse anzubauen, keine giftigen Pflanzenschutzmittel zu verwenden und auf einen englischen Rasen zu verzichten.

Vergleichsweise gut geht es Stadtbewohnern, etwa Amseln oder Mönchsgrasmücken, sowie Waldvögeln. Die Hohltaube oder der Raufußkauz etwa konnten ihren Bestand erholen. Grund hierfür ist, so Mädlow, vor allem die zunehmend extensive Waldnutzung in Brandenburg.

Die größten Gefahren für Vogelarten gehen demnach von der Landwirtschaft und der Wasserwirtschaft aus, zum Beispiel durch Trockenlegung von Mooren oder den Ausbau von Gewässerstraßen, sagte der Präsident des Landesumweltamtes, Matthias Freude. Die Intensivierung der Landwirtschaft habe in den vergangenen Jahren eher wieder zugenommen. Für die immer zahlreicheren Biogasanlagen müsste zum Teil zwei- bis dreimal jährlich geerntet werden. "Das ist nichts für Bodenbrüter."

Besonders hart erwischt es den winzigen Seggenrohrsänger. Nur noch "zehn singende Männchen" des braungemusterten Vögelchens gibt es noch in Brandenburg, sagte Nabu-Geschäftsführer Mädlow, "früher war das in Europa ein Allerweltsvogel". Er benötigt zum Überleben eine kleinteilige Landwirtschaft, in der Wiesen zu unterschiedlichen Zeiten gemäht werden. Bei den heute üblichen großen Betrieben, die ihre Mähdrescher über all ihre Flächen gleichzeitig fahren lassen, hat er keine Chance.

Einige Arten geben den Experten Rätsel auf. Warum es immer weniger Baumpieper gibt, könne sich niemand erklären, so Mädlow. Allerdings müsse "irgendetwas Langstreckenfliegern, die in Afrika überwintern, massiv zu schaffen machen". Vermutlich sei es eine intensivere landwirtschaftliche Nutzung in Afrika, die zunehmende Verwüstung. "Die Vögel haben zum Teil ein starr vererbtes Zugverhalten und können nicht flexibel auf den Klimawandel reagieren."

Ob klimabedingt oder nicht, wollte Matthias Freude vom Landesumweltamt nicht bewerten. Fest steht aber: Es kommen auch neue Arten - "vor allem aus dem südosteuropäischen Raum, die es gerne wärmer mögen". So konnten die Brandenburger in den vergangenen Jahren etwa die Weißflügelseeschwalbe und die Steppenmöwe auf ihren Gewässern begrüßen. Nachhelfen bei der Ansiedlung möchten die Naturschützer beim Auerhahn. Innerhalb der nächsten zwei Jahre soll ein Projekt die großen schwarzen Hühnervögel wieder im Land heimisch machen.

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