Kommentar Taliban-Krieg: Wir müssen reden, Mr President

Obama weitet die Kampfzonen gegen Taliban und al-Quaida in Pakistan aus. Es ist ein Spiel mit dem Feuer.

Es ist eine jener Ankündigungen aus dem Wahlkampf, von der viele AnhängerInnen Barack Obamas gehofft hatten, er möge sie nicht ernst gemeint haben. Leider hält Präsident Obama sein Wort und weitet die Kampfzone gegen Taliban und al-Qaida offenbar tatsächlich auf immer größere Teile Pakistans aus. Betrug an den WählerInnen ist das nicht - ein gefährliches Spiel mit dem Feuer ist es dennoch.

In einigen Tagen will der Präsident sich grundsätzlich zu den strategischen Überlegungen seiner Regierung für die Zukunft Afghanistans und zur US-Präsenz in der Region äußern. Bislang deutet alles darauf hin, Obama plane eine Art Wiederholung des "Surge", also der mit konkreten Anforderungen an die nationale Regierung verbundenen US-Truppenerhöhung, wie sie im Irak als Erfolg angesehen wird. Nur sind die Situationen in Irak und Afghanistan nicht vergleichbar. Der große Erfolg, sunnitische Stammesführer an der Seite der US-Truppen gegen al-Qaida zu mobilisieren, konnte nur funktionieren, wo Ideologie und Herkunft die Al-Qaida-Kämpfer als Fremdkörper auswiesen. Und die Idee, die nationale Regierung und Armee in die Lage zu versetzen, mehr als nur die Hauptstadt tatsächlich zu kontrollieren, wirkt als Ziel in einem Land illusorisch, in dem seit bald drei Jahrzehnten niemand mehr wirklich als nationale Staatsgewalt hat auftreten können.

Was also mit aller Truppenpräsenz in Afghanistan tatsächlich erreicht werden kann und soll, ist weiterhin unklar. Wenn in Zukunft immer größere und immer dichter besiedelte Landstriche von den USA auf der Suche nach Al-Qaida-Stellungen unter Feuer genommen werden - mit unausweichlich auch mehr zivilen Opfern -, dann schafft das genügend neuen Hass und Oppositionsgeist, um die ihrer Souveränität beraubte und ohnehin fragile Regierung Pakistans weiter zu destabilisieren und die Taliban in Afghanistan zu stärken.

Die involvierten Bündnispartner einschließlich Deutschlands müssen endlich aufhören, nur auf die USA zu warten. Obama hat gesagt, er werde zuhören. Zeit, ihm etwas zu sagen.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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