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die wahrheitSich nicht wiederholen mit Freund Birnbaum

Mein Freund Birnbaum und ich arbeiten im "Ministerium für Aufgaben und Angelegenheiten", und heute wollen wir uns nicht mehr wiederholen...

... "Gehen Sie raus, solange die Tür geschlossen ist", fordern wir Gesinnungsrat Schwatz auf, der gerade eingetreten ist und eine wichtige Mitteilung machen will. "Bitte?", fragt Gesinnungsrat Schwatz leicht verstört. Da wir uns nicht wiederholen dürfen, erwidern wir: "Schöne Grüße von dem Pferd mit den Kroketten im Ohr."

Eigentlich wollten wir "Korken" statt "Kroketten" sagen, aber das Wort haben wir heute Morgen schon einmal benutzt, als wir "Pizza mit schön viel Korken" bestellt haben. "Da hört sich doch alles auf", schimpft Gesinnungsrat Schwatz empört. "Nein", stellen wir richtig, "das ist erst der Anfang."

In diesem Moment betritt Oberamtsrat Bruch unser Zimmer. "Bra, bra, bra", verkündet er laut. Das klingt zwar fast wie immer, aber wir lassen es ihm dieses Mal durchgehen. "Blut spendet man am besten Fischen", antworten wir schnell, um die Situation halbwegs zu retten. "Wusst ichs doch", entgegnet uns Oberamtsrat Bruch ungewohnt klar und verlässt uns wieder. "Das Leben ist zu kurz für Wiederholungen", ruft Freund Birnbaum ihm hinterher. Dann schrauben wir die Stühle an die Decke.

Als wir fertig sind, kommt Fräulein Vogelscheuch herein, ruft: "Schluss mit der Verzagtheit", und gibt Buchprüfer Lehmann einen leidenschaftlichen Kuss. "Ich … äh … kann das nicht", will Buchprüfer Lehmann gerade erwidern, aber dann erinnert er sich an unsere heutige Vereinbarung, streicht Fräulein Vogelscheuch etwas linkisch über das Haar und flüstert ihr zärtlich zu: "Das war noch viel schöner als in all meinen Träumen." Darauf verschwinden die beiden in einem Nebenzimmer und werden nicht mehr gesehen.

"Es hilft wirklich sehr, mit dem Essen zu werfen", erklärt Freund Birnbaum, als wir die Kantine betreten, während Ministerialrat Venzke das Geräusch einer Banane macht, die in einem Rucksack zerquetscht wird. "Vor allem sollte man auf den Tischen ordentlich Eistee verschütten und jede Menge vegetarische Lasagne darüber verschmieren", zeigt sich auch Bürobote Milde kundig. Schließlich versuchen wir eine Ladung Cordon bleu mit Strohhalmen in uns zu schlürfen, was aber keinem gut bekommt. Das Mittag beschließen wir stattdessen mit einem Wettniesen in der Kühlkammer.

"Ich habe eine wichtige Mitteilung für Sie", verkündet Gesinnungsrat Schwatz nachmittags. Um uns nicht zu wiederholen, hören wir ihm dieses Mal interessiert zu. Aber dann spielen wir lieber das "Was wäre, wenn"-Spiel: "Was wäre, wenn Heinrich von Kleist Kopierwart wäre oder Tolstoi der neue Prophylaxe-Assistent beim Betriebszahnarzt?"

Als Gesinnungsrat Schwatz fertig ist, verabschieden wir ihn mit einem herzlichen "Guten Morgen, Besinnungsrat Schnurz" und schenken ihm eine Tube Krokant-Zahnpasta.

Gegen Abend wollen wir nicht mehr wiederholen, dass wir uns nicht mehr wiederholen wollen. "Das rettet uns den verdienten Feierabend", erklärt Freund Birnbaum, während er seine Thermoskanne in die Aktentasche packt. Dann atmen wir kurz durch und verlassen unser Büro.

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