Kommentar Abwrackprämie: Im Land der Autosüchtigen

Die Bundesregierung will die Abwrackprämie aufstocken - aber nur, weil im Herbst Wahl ist.

Wenn das Bundesamt für Wirtschaft eines Tages den letzten Zuschussbescheid verschickt hat, werden die Autohersteller tief in die Krise stürzen. Denn wer sollte sich danach noch ein Auto kaufen, so ganz ohne Bonus? Die Abwrackprämie hat süchtig gemacht - und der Entzug wird schmerzhaft sein.

Aus diesem Grund will die Bundesregierung den Etat nun aufstocken, im Herbst ist schließlich Bundestagswahl. Das grausame Ende der Prämie verschiebt man lieber auf die Zeit danach, koste es, was es wolle. Da will dann selbst der Bundesumweltminister nicht aus der Reihe tanzen - sosehr die Abwrackprämie ein ökologischer Sündenfall ist. Und auch von den Gewerkschaften kommt Unterstützung. Ob deren Vertreter dann konsequenterweise schweigen werden, wenn nach der Bundestagswahl die neue Regierung zu Steuererhöhungen greift? Irgendwer muss die Autoboni schließlich bezahlen.

Die Bundesregierung wird die Geister, die sie in ihrer Unvernunft rief, nicht mehr los. Und so wird die Verschrottungsprämie zu einem ökonomischen Experiment mit unbekanntem Ausgang und heftigen Nebenwirkungen. Niemand weiß, in welchem Maße die Privatinsolvenzen zunehmen werden, weil sich Menschen - durch den Bonus verleitet - auf Kredit einen Neuwagen kaufen, den sie sich gar nicht leisten können.

Dass die Abwrackprämie auch aus ökologisch-sozialer Sicht ein Irrweg ist, kommt zu alldem noch hinzu. Denn Steuerzahler, die mit Bahn und Fahrrad unterwegs sind, subventionieren nun sogar bis zur Bundestagswahl jene, die mit ihren Fahrzeugen Lärm und Abgase produzieren. Wäre der Bonus tatsächlich eine "Umweltprämie", hätte man ihn auch auf neue Fahrräder oder eine Jahresnetzkarte der Bahn geben können. Aber das war in einem von der Autolobby geprägten Land nie gewollt.

Spätestens mit dem Ende der ersten Abwrackprämie wäre es an der Zeit gewesen, zur Vernunft zu kommen. Diese Chance hat die Regierung nun aus Gründen der Wahltaktik vertan.

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Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.

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