Pläne für Emissionshandel: Waldschutz als Finanzprodukt

Einige Industriestaaten wollen im Kampf gegen den Klimawandel auch Zertifikate für Wald-Projekte handeln können. Eine Greenpeace-Studie warnt vor den Folgen.

Die Vernichtung von Wald ist die zweitgrößte von Menschen verursachte CO2-Quelle. Bild: dpa

BONN taz Eigentlich sind sich alle einig: Die Wälder müssen geschützt werden, um die Erderwärmung zu begrenzen. Beim Roden wird das klimaschädliche Gas Kohlendioxid (CO2) frei, das in den Bäumen gespeichert ist - so viel, dass die Vernichtung von Wald mit einem Anteil von 20 Prozent die zweitgrößte von Menschen verursachte CO2-Quelle ist. Doch darüber, wie der Schutz der Bäume zu finanzieren ist, gibt es bei den Bonner Vorverhandlungen zu einem neuen internationalen Klimaschutzabkommen Streit.

Industrieländer wie Australien wollen durchsetzen, dass es für Investitionen in Waldschutzprojekte Zertifikate gibt, die in den weltweiten Handel mit CO2-Emissionsrechten einbezogen werden. Industriestaaten, die Waldschutz finanzieren, könnten dann im Gegenzug zu Hause mehr klimaschädliche Gase ausstoßen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace lehnt diesen Vorschlag ab.

Denn dadurch würde der Preis für die CO2-Emissionszertifikate erheblich fallen: Zu diesem Schluss kommt eine für Greenpeace erstellte Studie, die in dieser Woche in Bonn präsentiert wurde. Demnach müssten Staaten oder Unternehmen für diese Verschmutzungsrechte bis zu 76 Prozent weniger zahlen, wenn durch Waldschutz viele neue Zertifikate auf den Markt kämen. Falls nur ein Teil der Waldschutz-Projekte anerkannt würde, läge der Rückgang immer noch bei 60 Prozent.

Der Preisverfall hätte, so die Autoren der Greenpeace-Studie, verheerende Folgen für den Klimaschutz. Denn bei so einem niedrigen Preis für Projekte im Süden hätten die Industrieländer überhaupt keinen Anreiz mehr, ihre eigenen Emissionen zu reduzieren. Auch andere Klimaschutz-Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern wären gefährdet. Schon jetzt machen Industriestaaten oder deren Unternehmen Emissionen wett, indem sie zum Beispiel Windkraftwerke in Indien bauen oder klimaschädliche Deponien in Tunesien abdichten. Auch diese Projekte rentieren sich aber nur, solange das Treibhausgas dort preiswerter ist als ein CO2-Emissionszertifikat.

Manche Experten sehen diese Gefahr nicht. "Das ist eine Regelungsfrage", sagt zum Beispiel Fachbuchautor Michael Streck, der die Weltbank und Unternehmen in Klima- und Umweltfragen berät. Das neue Klimaschutzabkommen müsste nur ein Limit setzen, wie stark ein Land seinen Ausstoß kompensieren darf. "So kann man eine Überflutung des Marktes und einen Preisverfall verhindern."

An dem Aufwand führt nach Strecks Meinung kein Weg vorbei. Immerhin seien für den Schutz der letzten Urwälder pro Jahr mindestens 30 Milliarden Euro nötig. "Das werden die Staaten dieser Welt nie stemmen", prognostiziert der Experte. Wegen der Wirtschaftskrise könnte die Zahlungsbereitschaft sogar noch sinken. "Das heißt: Wir brauchen privates Kapital." Und privates Kapital lasse sich mobilisieren, wenn Unternehmen ihre Klimabilanz durch Investitionen in Waldprojekte aufbessern dürften.

Waldfachmann Christoph Thies von Greenpeace glaubt dennoch an den Staat. Auf den Einwand, dass die Regierungen nicht genügend Geld für den Waldschutz geben wollten, entgegnet er: "Das ist eine Frage der öffentlichen Debatte. Ich glaube nicht, dass die nötige Größenordnung unmöglich ist." Gleichzeitig weist er das Argument zurück, man könnte durch Limits für die Kompensation einen Preisverfall verhindern. "Dann", sagt Thies, "kommt nicht genug Geld zusammen."

Wie der Waldschutz tatsächlich in die internationalen Klimaverhandlungen einbezogen wird, entscheidet sich spätestens auf der UN-Konferenz im Dezember in Kopenhagen.

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