Hamburg-"Tatort" am Montag: Moralische Kollateralschäden

In seinem zweiten Einsatz beschattet Cenk Batu einen zwielichtigen Kollegen - und gerät dabei wieder in Gewissensnöte. "Häuserkampf" läuft am Montag um 20.15 Uhr in der ARD.

Der kühl fotografierte Hanseaten-Krimi ist eine Ausgeburt an Effizienz und Spannung. Bild: NDR / Georges Pauly

Woran glaubt ein verdeckter Ermittler? Im Falle von Cenk Batu (Mehmet Kurtulus) ist das schwer zu sagen. Manchmal schaut er matt aus seinem Single-Apartment über die Dächer von Hamburg, ohne irgendetwas Bedeutungsvolles sehen zu können. Manchmal bringt er der kulleräugigen Nachbarin einen Kuchen mit, den er dann doch nicht mit ihr essen kann. Wie schön, dass ihm da von seinem Verbindungsmann (Peter Jordan) gelegentlich ausgemachte Sauereien präsentiert werden; da weiß man doch, wofür man lebt.

Diesmal geht es um SEK-Beamte, die ihr Wissen in Krisenregionen in den Nahen Osten verschachern. "Und immer an die Falschen", wie Batu mutmaßt. "Klar", so sein Kollege, "die Falschen zahlen ja auch besser." Also nimmt er, der Undercoverermittler, widerstrebend den Auftrag an, den zwielichtigen Lars Jansen (Matthias Koeberlin) zu beschatten. Batu soll ins SEK eingeschleust werden und sich mit dem Verdächtigen und dessen Familie anfreunden. "Ich zerstöre eine Familie", sagt der Polizist trocken, "und die hat keine Ahnung davon." Moralische Kollateralschäden gehören nun aber mal zum Undercoverbusiness.

Das ist das Grandiose am neuen Hamburger Tatort, der mit "Häuserkampf" in die zweite Folge geht: Ohne dass umständlich die Biografie des Ermittlers ausgebreitet wird, steigt man mit ihm in einen komplexen Konflikt ein, der zugleich immer auch einer des Gewissens ist. So gesehen ist der kühl fotografiert, aber keinesfalls unterkühlt inszenierte Hanseaten-Krimi eine Ausgeburt an Effizienz. Das zeigt sich nun in der aktuellen Episode (Regie: Florian Baxmeyer, Buch: Johannes W. Betz und Peter Braun) vor allem auch an der speziellen Erzähltechnik, für die klug mit Ellipsen und Echtzeit experimentiert wird.

Kaum hat Batu den Job angenommen, sieht man ihn auch schon mitten in Jansens Familienleben - in rasant geschnittenen Bildern wird gezeigt, wie er eine Schnitzeljagd zum Geburtstag von dessen Tochter organisiert. Einen Tag später muss Batu deren Leben retten. Ein Kosovare (Stipe Erceg), der noch eine Rechnung mit Jansen offen hat, nahm sie und ihre Mutter als Geiseln, bevor er sich vor den Augen des Einsatzteams erschoss. Batu übernimmt die Suche. Scheitert er, werden Frau und Kind nach drei Stunden durch eine Bombe mit Zeitschalter getötet.

So absurd das klingt: Diese mörderische Hatz muss auf den sozial abgekoppelten Batu wie ein Geschenk wirken. In diesem Job musst du ja dankbar sein, wenn du irgendwas findest, woran du glauben, wofür du kämpfen kannst. Und sei es die Familie deines Feindes.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.