Zerstrittene Hessen: Bundes-SPD rüffelt Landesverband

Berliner SPDler fürchten, dass die Schiedsgerichtsverfahren gegen die Abweichler um Jürgen Walter im Wahlkampf schaden. Denn die wollen gegen möglichen Ausschluss klagen.

Macht den Berliner Genossen Angst: Ypsilanti-Stürzer Jürgen Walter. Bild: dpa

WIESBADEN taz Noch vor Beginn der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs müsse das leidige Thema vom Tisch. Schließlich wolle man sich von den zerstrittenen Parteifreunden in Hessen nicht auch noch die Bundestagswahl versauen lassen. So ähnlich habe die Spitze der Bundes-SPD gerade erst bei führenden Genossen in Wiesbaden interveniert. Das jedenfalls war jetzt aus dem Umfeld von Partei- und Landtagsfraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel zu hören - inoffiziell.

Das leidige Thema - das sind die Schiedsgerichtsverfahren gegen die Dissidenten Jürgen Walter, Carmen Everts und Silke Tesch, die sich Anfang November 2008 geweigert hatten, die damalige Partei- und Landtagsfraktionsvorsitzende Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu wählen. Der von vielen Sozialdemokraten in Hessen als "Verrat" und "schändliche Tat" gewertete Affront war der Anfang vom Ende aller Träume von einer rot-grünen Minderheitsregierung Ypsilanti und deren Tolerierung durch die Partei Die Linke. Mehrere Ortsvereine hatten Parteiordnungsverfahren gegen die "Abweichler" angestrengt.

Das Schiedsgerichtsurteil in erster Instanz (Unterbezirk Wetterau) gegen die Galionsfigur der Parteirechten in der hessischen SPD, Jürgen Walter, ist bereits ergangen. Für zwei Jahre wurden Walter seine Parteirechte weitgehend aberkannt.

Doch der Jurist legte Anfang der Woche bei der Schiedskommission des Bezirks Hessen Süd schriftlich Berufung gegen das Urteil ein. Sollte er auch in zweiter Instanz - und den Parteigerichtsinstanzen danach - verurteilt werden, will er "notfalls" bis vor den Bundesgerichtshof ziehen. Das Schiedsgericht des Bezirks Frankfurt beschäftigt sich Ende April mit dem Fall.

Schon in der nächsten Woche stehen Verfahren gegen Carmen Everts und Silke Tech an. Auch sie wollen sich durch alle Instanzen hindurch gegen eine Verurteilung wehren. Ihre "Gewissensentscheidung" sei schließlich "vom Grundgesetz und der Hessischen Verfassung gedeckt" gewesen. Die Schiedsgerichtsverfahren sind eine schier unendliche Geschichte. Der Union liefern sie fortlaufend Munition für süffisante Presseerklärungen. Und sie sind ein "gefundenes Fressen" für die Medien, sagt SPD-Sprecher Frank Steibli.

"Gesichtswahrende Lösung" heißt deshalb das Zauberwort. Der Generalsekretär der Hessen-SPD, Michael Roth ließ zu Ostern verlautbaren, dass "Parteiordnungsverfahren nicht dazu taugen, einen politischen Streit auszutragen". Auch Schäfer-Gümbel, der nach dem Wahldesaster der SPD stets den "Neuanfang" propagiert, erklärte, dass "alles, was sich vornehmlich mit der Vergangenheit der Partei beschäftigt, wenig hilfreich ist". Er könne aber nicht in laufende Schiedsgerichtsverfahren eingreifen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.