Bankenrettung: Ohne Vertrauen keine Sanierung

Was passiert bei einer Pleite eines Finanzinstituts? Bislang fehlt ein Praxistest. Ein Finanzexperte sieht die Gefahr einer Massenpanik unter Kleinsparern.

Aber wie rettet man Finanzinstitute eigentlich wirklich? Bild: ap

Was passiert, wenn Commerzbank, HRE oder Nordbank pleitegehen? Bislang fehlt ein Praxistest. Aber in keinem Fall würden die maroden Finanzinstitute von heute auf morgen von der Bildfläche verschwinden.

Die vergleichsweise junge Insolvenzordnung (InsO) verströmt seit 1999 einen anderen Geist als die alte Konkursregelung - ein Unternehmen soll nicht mehr endgültig abgewickelt und möglichst viel Geld aus der Konkursmasse für die Gläubiger gerettet werden. Heute ist der Dreh- und Angelpunkt für jeden Insolvenzverwalter die Rettung des Unternehmens. Dazu hat er weit mehr Spielraum als die Vorstände und Aktionäre einer Bank.

Am Tag X würde das zuständige Gericht einen von rund 400 Insolvenzverwaltern in Deutschland auswählen, und dieser führte fortan diktatorisch das Bankzepter. Die Aktionäre wären entmachtet, und es besteht die Chance, vergleichsweise schmerzarm toxische Wertpapiere und faule Kreditverbriefungen loszuwerden, meint Rechtsanwalt Hartwig Albers. Man könne ein Insolvenzverfahren nutzen, um "noch unbekannte alte Risiken abzuschneiden, die faulen von den gesunden Tomaten zu trennen und so dem Markt zu zeigen, dass auf unternehmerische Risiken unternehmerisch reagiert wird".

An eine glückliche Bankenrettung glaubt der Konkursverwalter der untergegangenen Berliner BkmU-Bank trotzdem nicht: "Durch den mit der Insolvenz verbundenen Vertrauensverlust ist eine Sanierung eben nicht möglich." Das entscheidende "Asset" für eine Fortführung der Bank, das Vertrauen, sei verloren. Außerdem könnte das Bundesaufsichtsamt Bafin mit einem Entzug der Banklizenz drohen.

Achim Tiffe sieht das anders. "Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass man sich an den Gedanken gewöhnen muss, dass auch Banken in die Insolvenz gehen", sagt der stellvertretende Direktor des Instituts für Finanzdienstleistungen (IFF) in Hamburg. Gerade dafür hätte die Politik Einlagensicherungssysteme geschaffen. Tiffe: "Man muss über das Thema Insolvenz reden."

Der Jurist sieht durchaus die Gefahr, dass die Insolvenz einer größeren Bank eine Flucht des Großkapitals oder eine Massenpanik unter Kleinsparern auslösen könnte. Insolvenz sei geradezu ein "Angstthema", kritisiert Tiffe, doch das sei kein Grund für Denkverbote. Tiffe: "Der Reiz eines geordneten Insolvenzverfahrens besteht darin, schlechte Risiken loszuwerden" - ohne dass sich der Staat auf Generationen verschuldet.

Entgegen dem populären Vorurteil enden viele der etwa 30.000 Firmeninsolvenzen pro Jahr nicht in einer Totalpleite. Bei einer erfolgreichen Insolvenz überlebt das angeschlagene Unternehmen und geht letztlich gestärkt aus der Krise hervor. Und die Chancen gerade für HRE, Nordbank oder Commerzbank stünden nicht schlecht. "Grundsätzlich gilt", sagt Daniel Bergner, "mit der Größe eines Unternehmens steigen auch die Sanierungschancen." Je größer, desto eher finden sich nämlich Investoren, die bereit sind, das Unternehmen oder Teile davon zu übernehmen und weiterzuführen, erklärt der Geschäftsführer des Verbandes der lnsolvenzverwalter Deutschlands (VID) in Berlin.

Ohnehin sind beispielsweise Pfandbriefe durch ein Pfand, die Immobilie, gesichert und lukrative Geschäftsfelder wie die Schiffsfinanzierung oder das Kapitalmarktgeschäft könnte ein Insolvenzverwalter leicht an andere Kreditinstitute verkaufen. Zwar sei dabei "mit gewissen Restriktionen" zu rechnen, meint Tiffe. Aber an sich könnten andere Banken die lukrativen Geschäftsfelder, dazu gehört auch das Retailbanking, das sogenannte Massengeschäft, übernehmen und würden "wahrscheinlich" sogar die meisten Angestellten behalten.

Genaue Zahlen über die Erfolge der Abwicklungsprofis sind allerdings nicht bekannt. "Wir wissen nicht, wie viele Firmen in einem Insolvenzverfahren überlebten und wie viele Jobs gerettet wurden", heißt es aus dem Statistischen Bundesamt.

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