die wahrheit: Serienmörder auf Schloss Windsor

Meine persönlichen Erfahrungen mit Psychologen sind begrenzt: ...

Meine persönlichen Erfahrungen mit Psychologen sind begrenzt: Als Grundschüler wurde ich einmal zu einem für mich sehr verstörenden Vertreter dieser Zunft geschickt, obwohl Bernd Pazeck, der speckige Fiesling, angefangen hatte und der Tritt ins Gemächt mit folgendem halbstündigen Muckireiten ein Akt reiner Notwehr war.

Unser Rektor allerdings sah in mir einen künftigen Gewaltverbrecher und so landete ich bei einem Kinderpsychologen, auf dessen Nasenrücken sich ein riesiges Mitesserloch befand. Immer wenn sich das Psychologengesicht mir zuwendete, musste ich in den Pickelkrater starren und glaubte sogar, eine Art Sog zu verspüren. Nach zwanzig panischen Minuten war mir klar, ich musste da raus, sonst würde ich in das dritte Nasenloch des Psychologen hineinrutschten und für immer im subkutanen Nirwana verschwinden. Und so verabschiedete ich mich wortlos und setzte meine Schullaufbahn untherapiert fort.

Ansonsten kenne ich Psychologen nur aus dem Fernsehen, wo sie als Experten ihre Expertenmeinungen zum Besten geben. Am tollsten finde ich Dr. Thomas Müller, seines Zeichens Kriminalpsychologe und Profiler. In seinem archaisch krachenden österreichischen Bergdialekt erklärt Müller in Talkshows, warum Menschen anderen Menschen Köpfe und Pimmelchen absäbeln, ihre Nachbarn aufessen oder ihre Verwandtschaft in den Keller sperren. Als Beweis für seine Kompetenz wird dann stets erwähnt, dass Müller einen Teil seiner Ausbildung beim FBI absolviert habe und dort im Knast auch mit richtigen amerikanischen Serienkillern sprechen durfte.

Nun aber war ich überrascht, als ich meinen Lieblingspsycho im ZDF-Dreiteiler "Die Windsors" entdeckte. Zwischen alten Schwarzweißaufnahmen und liebevoll dilettantisch nachgestellten Spielszenen aus dem Leben der Royals erklärte Profiler Müller zum Beispiel, warum Prinz Charles so meschugge ist - weil er nämlich von Mutti nie lieb gehabt und im Internat von Mitschülern gefoltert wurde. Müller gibt küchenpsychologische Banalitäten zum Besten, die so doof sind, dass sie sich nur ein ZDF-Doku-Redakteur aus der Guido-Knopp-Klippschule ausgedacht haben kann.

Ganz kurz hatte ich gehofft, das ZDF habe den Polizeipsychologen verpflichtet, um klarzustellen, dass die Windsors komplett besemmelt sind und einiges auf dem Kerbholz haben, und dass von dieser Familie auch in Zukunft noch der ein oder andere Ritualmord zu erwarten sei. Aber offensichtlich brauchte man Müller nur als textaufsagenden Pychologendummy.

Konsequent wäre es gewesen, wenn man ganz auf den Psychoquatsch verzichtet und stattdessen den ultimativen deutschen Fernsehexperten engagiert hätte: den forensischen Biologen Mark Benecke, auch "Maden-Mark" genannt. Er hätte der Sendung mit einer Analyse des Verwesungsgrades der britischen Monarchie anhand des Insektenlarvenbefalls von Prinz Philips Hirn zumindest einen kleinen überraschenden Drall geben können. Aber man kann eben nicht alles haben.

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kari

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