Nach Abgang von Bankchef Hilgert: Chaostage bei der WestLB

Sparkassen und das Land NRW pokern mit dem Bund um neue Milliarden-Bürgschaften für die WestLB. Erstes Opfer der Krise wird Bankchef Hilgert.

Demonstrieren aus Angst um die eigenen Arbeitskräfte: Mitarbeiter der WestLB am Dienstag. Bild: dpa

Die um ihre Arbeitsplätze fürchtenden Mitarbeiter demonstrierend auf der Straße, die Eigentümer zerstritten, der Vorstandsvorsitzende zurückgetreten: Der plötzliche Abgang von WestLB-Chef Heinz Hilgert hat Nordrhein-Westfalens ehemalige Landesbank ins Chaos gestürzt.

Zwar beteuert Hilgerts einstiger Stellvertreter Dietrich Voigtländer, vom Aufsichtsrat am Montagabend zum kommissarischen Bankchef befördert, die WestLB sei "uneingeschränkt handlungsfähig". Aufsichtsrat und Eigentümer stünden einvernehmlich zur Bank. Doch das gilt in Düsseldorf als Folklore: Schließlich hatte Hilgert selbst seinen Rücktritt mit der fehlenden "erforderlichen Unterstützung der maßgeblichen Eigentümer der Bank" begründet.

Die "maßgeblichen Eigentümer" - das sind die nordrhein-westfälischen Sparkassen. Zusammen halten sie Anteile von knapp 51 Prozent. Und sie weigern sich seit Monaten, wie von Ex-Bankchef Hilgert gewünscht, mit immer neuen Bürgschaften für riskante Spekulationsgeschäfte der Düsseldorfer einzustehen. Schließlich hatten sie ihrem einstigen Top-Institut zusammen mit dem Land Nordrhein-Westfalen, das mit 38 Prozent noch immer größter Einzelaktionär ist, erst 2008 toxische Papiere in Höhe von 23 Milliarden Euro abgenommen und dafür mit fünf Milliarden Euro gebürgt.

"Süchtig nach Staatshilfe" sei die einstige Landesbank, kritisierte die Wettbewerbskommissarin der Europäischen Union, Neelie Kroes, zuletzt. Für die Hilfen aus dem Jahr 2008 erteilte sie den Düsseldorfern Auflagen: Die Bilanz der WestLB soll bis 2011 halbiert werden, danach muss die Bank verkauft werden.

Die Bilanzhalbierung erreichen wollte Hilgert durch die Gründung einer neuen Tochtergesellschaft namens Omega. In die sollten weitere Papiere im Nennwert von 87 Milliarden Euro ausgelagert werden. Land, Sparkassen und Kommunen sollten mit weiteren fünf Milliarden Euro dafür bürgen.

Doch die Sparkassen weigerten sich. Auch sie könnten "jeden Euro nur einmal ausgeben", ist etwa aus dem Umfeld des Präsidenten des westfälisch-lippischen Sparkassenverbandes, Rolf Gerlach, zu hören. Stattdessen pokern die Sparkassen-Vorstände: Sie hoffen auf eine Bürgschaft des Landes oder, noch besser, des Bundes. Wie bei der privaten Commerzbank könne doch der bundeseigene Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) einen eigenen Risikoschirm über die einstige Landesbank WestLB spannen, heißt es aus dem Sparkassenlager.

Am Tag nach dem Rücktritt war in Düsseldorf hektisches Krisenmanagement angesagt. Auf einer gemeinsamen Sitzung der schwarz-gelben Kabinette Nordrhein-Westfalens und Baden-Württembergs war die Zukunft der Landesbanken plötzlich dominierendes Thema. Zum Schutz der Sparkassen müsse der Bund bürgen, forderten die Landesregierungen. Analog zu den Privatbanken müssten Bad Banks auch für Landesbanken eingerichtet werden.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) versucht so Vorwürfe zu entkräften, sein Finanzminister Helmut Linssen (CDU) habe die Krise schlicht verschlafen. Der WestLB fehle seit Jahren ein stimmiges Geschäftsmodell, kritisierte die Finanzexpertin der SPD-Landtagsfraktion, Gisela Walsken. Außerdem habe die Feindschaft zwischen Rüttgers und dem baden-württembergischen CDU-Ministerpräsidenten Günther Oettinger eine Zusammenarbeit der WestLB mit dessen ebenfalls angeschlagener Landesbank LBBW verhindert. Rüttgers bemüht sich im strukturell sozialdemokratischen NRW um Wähler des einstigen SPD-Ministerpräsidenten Johannes Rau, Oettinger ist Vertreter des CDU-Wirtschaftsflügels.

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