die wahrheit: Wendelins Bewunderer

Wendelin Wiedeking ist ein Held des neueren Kapitalismus. 1992 kam er zur Porsche AG, als es der Autofirma schlecht ging. Aber Wiedeking hatte einen Plan ...

Wiedeking vermittelt Visionen, die von der Realität eingeholt werden. Bild: dpa

Wendelin Wiedeking ist ein Held des neueren Kapitalismus. 1992 kam er zur Porsche AG, als es der Autofirma schlecht ging. Aber Wiedeking hatte einen Plan, wie er dem Unternehmen den "aufrechten Gang" (Wiedeking) wieder beibringen wollte. Das Unternehmen erholte sich bald. 2002 wurde Wiedeking 50 Jahre alt, und da verriet er sein Geheimrezept: "das Davidprinzip". Seine Bewunderer widmeten ihm eine Festschrift. Im Porsche-Deutsch des Pressesprechers Anton Hunger klang das so: "Gegen jede Fusionslogik verteidigt Wiedeking mit Mut, Glaubwürdigkeit und unverwechselbarer Identität und neu geschaffenen Werten die Kleinheit als erfolgreiche Strategie - gerade in der globalisierten Welt".

Im richtigen Leben sah das dann bekanntlich etwas anders aus. Zusammen mit seinem Finanzchef und Zockerkumpan Holger Härter machte sich Wendelin "David" Wiedeking ans Werk, um den Goliath VW zu erlegen. Volkswagen ist nur dreißigmal größer als Porsche. Porsche hat sich bei dem hybriden Versuch verschluckt, aber Wiedeking verdiente daran persönlich bis zu 80 Millionen pro Jahr. Die Übernahmeschlacht ging verloren, und Porsche sitzt auf einem Schuldenberg von neun Milliarden Euro. "Wendelin Wiedeking ist ein Mensch mit Prinzipien, und sein Erfolgsrezept ist seine Persönlichkeit", meint Anton Hunger, der sich selbst zu jenen "bissstarken Spürhunden" zählt, denen Kultur den "Beischlaf der Prosperität" abgibt.

Den Ausgang der Wiedeking-Story kannten die Wiedeking-Fans Martin Walser, Hans-Olaf Henkel, Gerhard Schröder und Rezzo Schlauch im Jahr 2002 noch nicht, als sie sich ans Wiedeking-Loben machten. Wie nah und teuer ihnen jedoch das "Davidprinzip" ist, betonten sie so energisch, dass sie heute als Titanen der Fehlprognose und Großmeister des "Kleinheit"-Kitschs dastehen.

Martin Walsers Tirade gegen "Sauriertum, Gigantomanie, Napoleonismus in der Wirtschaft" macht ihn zum federführenden Apostel des Davidprinzips. Gerhard Schröder lobte 2002 autokanzlermäßig die Dreifaltigkeit von Wiedeking, Porsche und David, materialisiert im "kleinen Flitzer, der mit Intelligenz, Mut und Technik der gewaltigen Konkurrenz der Branchenriesen trotzt." Hans-Olaf Henkel, der Tambourmajor des Kapitalismus, stolperte über den eigenen Groß- und Dummsprech: "Die Porsche AG ist ein großes Unternehmen, das sich allen Hochzeits- und Fusionsangeboten widersetzt. Wendelin Wiedeking selbst wehrt sich vehement gegen die modischen Trend anderer Unternehmensfürsten. Er vermittelt Visionen und keine wichtigtuerischen Voraussagen, die von der Realität eingeholt werden." Rezzo Schlauch kniete nieder vor "dem herausragenden Unternehmensführer Wendelin Wiedeking."

Nur der alte Schwabenfuchs Lothar Späth tappte nicht in die Falle der David-Wiedeking-Lobhudelei: "Der Schlüssel zum Erfolg ist die richtige Strategie, und diese kann sich im Lauf der Zeit ändern" oder als falsch herausstellen. Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt, wie es ist.

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