Pläne für Finanzaufsicht: EU will Frühwarnsystem

Mit neuen Gremien will die EU-Kommission künftig die Märkte überwachen. Deren Befugnisse sind völlig unklar, doch London ist bereits alarmiert.

"Wir müssen mit der Vergangenheit brechen", sagt EU-Kommissionspräsident Barroso. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Zwei Monate nach dem Weltfinanzgipfel hat die Europäische Kommission konkrete Pläne für eine neue Finanzaufsicht vorgelegt: Vier neue Gremien auf EU-Ebene sollen schon vom kommenden Jahr an als Frühwarnsystem und Koordinierungsinstanzen die 27 nationalen Finanzmärkte überwachen. Eine entsprechende Mitteilung veröffentlichte die Kommission am Mittwoch. Allerdings sollen sie die nationalen Aufsichtsbehörden lediglich beraten und Brüche mit bestehendem EU-Recht bei der EU-Kommission anzeigen. Gesetzlich bindend sind ihre Empfehlungen nicht.

Über der neuen Organisationsstruktur thront ein "Europäischer Rat für Systemrisiken" (ESRC). Seine Aufgabe wird es sein, sämtliche Wirtschaftsdaten zu sammeln, mögliche Risiken aufzuzeigen und vor künftigen Krisen rechtzeitig zu warnen. Der Rat kann auch Handlungsempfehlungen für die Mitgliedstaaten aussprechen und sie dem zuständigen Fachministerrat vorlegen. Auf internationaler Ebene, zum Beispiel gegenüber dem Internationalen Währungsfonds, soll er europäischer Ansprechpartner werden.

Unterhalb des Rates werden drei neue Aufsichtsbehörden angesiedelt, die aus bereits bestehenden beratenden Ausschüssen hervorgehen: die Europäische Bankenaufsicht EBA, die Europäische Aufsicht für Versicherungen und Betriebliche Altersversorgung EIOOA und die Wertpapieraufsicht ESA. Sie sollen, wie es in der Mitteilung der EU-Kommission heißt, "ein robustes Netzwerk bilden, das Hand in Hand mit nationalen Aufsichtsbehörden die Stabilität von Finanzdienstleistern überwacht und die Nutzer von Finanzdienstleistungen schützt".

Wie weit die Befugnisse der neuen Gremien gehen sollen, ist noch völlig unklar. Erst im Herbst sollen Gesetzesvorschläge folgen. Die 17-seitige Mitteilung ist vorsichtig formuliert. Dahinter steckt die Sorge, dass einige Mitgliedstaaten gegen mehr Brüsseler Einmischung in die Finanzpolitik ihr Veto einlegen könnten. Die Kommission hatte sich zunächst Expertenrat geholt und im Februar den Larosière-Bericht vorgelegt. Teile der nun vorliegenden Mitteilung ließ sie als Testballon an die Medien durchsickern. Bis 15. Juli soll im Internet weiter diskutiert werden. Doch schon beim Sommergipfel am 19. Juni hofft die Kommission auf ein positives Signal der Staats- und Regierungschefs zu ihren Vorschlägen. "Wir müssen mit der Vergangenheit brechen", sagte Kommissionspräsident Barroso am Mittwoch mahnend bei einer Pressekonferenz, bevor ein Feueralarm ihn und die Journalisten aus dem Kommissionsgebäude vertrieb. "Wenn wir den Finanzsektor und seine Überwachung jetzt nicht reformieren können, wann dann?"

Doch in einigen Hauptstädten regt sich bereits Widerstand. Die Brüsseler Vorschläge seien allenfalls ein Anfang der Debatte, hieß es aus dem Umfeld von Großbritanniens Premier Gordon Brown. Die Londoner City als größtes europäisches Finanzzentrum wehrt sich bisher gegen jeden Versuch, die Finanzaufsicht zu zentralisieren.

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