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EuropawahlenWähler strafen Regierung ab

Bei der EU-Wahl profitiert die Opposition von Verlusten der Regierungsparteien in Lettland, Zypern, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich.

Ganz Europa geht wählen - und zeigt den Regierungsparteien die rote Karte. Bild: dpa

Bei den Europawahlen haben die Bürgerinnen und Bürger die Regierungsparteien der 27 EU-Staaten abgestraft. Sowohl in Irland, England, Lettland und Zypern als auch in den Niederlanden mussten die Regierungen ersten Prognosen zufolge mit deutlichen Stimmverlusten rechnen. In Irland verlor die konservative Partei "Fianne Fail" von Ministerpräsident Brian Cowen ihre Mehrheit, in Lettland die Regierungspartei "Neue Zeit" von Regierungschef Valdis Dombrovskis. Die Labour Party von Großbritanniens Premier Gordon Brown wird laut Prognosen ähnlich wie bei den Kommunalwahlen auch die Europawahl gegen die Conservative Party von Oppositionsführer David Cameron verlieren. In den Niederlanden liegt die christdemokratische Regierungspartei CDA nur noch knapp vor der Freiheitspartei des Rechtspopulisten Geert Wilders. In vielen Ländern wurde der Wahlkampf von nationalen Themen und weniger von der Europapolitik bestimmt.

Entgegen der Regularien der EU hatten die Niederlande schon in der Nacht zum Freitag erste Teilergebnisse veröffentlicht. "Die Wähler haben das Recht, schnell die Ergebnisse zu erfahren," rechtfertigte ein Sprecher des Innenministeriums in Den Haag diesen Schritt. Demnach wurde die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders mit mehr als 16 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft hinter den Christdemokraten von Ministerpräsident Jan Peter Balkenende, die knapp 20 Prozent erreichten. Auch in Zypern wurden erste Ergebnisse entgegen der EU-Vorgabe veröffentlicht. Ergebnisse dürfen laut EU eigentlich erst am Sonntag ab 22 Uhr veröffentlicht werden.

In Irland kündigte Enda Kenny am Wochenende an, schon am Dienstag ein Misstrauensvotum im Parlament voranzubringen. "Fine Gael hat diese Wahl gewonnen. Die Menschen haben uns gewählt und das macht uns zur größten Partei", sagte Kenny. Fine Gael kam auf rund 30 Prozent und wurde damit erstmals seit Jahrzehnten stärkste Kraft in Irland. Die konservative Regierungspartei erreichte nur rund 23 Prozent. Regierungschef Cowen erklärte, die volle Amtszeit bis 2012 regieren zu wollen. Fianna Fail bestimmt die Geschicke Irlands seit den 1930er Jahren. Im Zuge der Finanzkrise, von der Irland besonders hart getroffen und an den Rand des Staatsbankrottes getrieben wurde, geriet sie jedoch unter Druck. Die Labour Partei erzielte 16 Prozent der Stimmen. Die europafeindliche Partei Libertas kam nach den Prognosen auf vier Prozent. Die Iren hatten beim ersten Volksentscheid zum EU-Reformvertrag mehrheitlich mit "Nein" gestimmt. Ein zweiter Anlauf soll gegen Ende des Jahres unternommen werden.

Wahlsieger in Lettland dürfte die erst im vergangenen Jahr gegründete Zivilunion geworden sein. Die Bewegung der ehemaligen EU-Kommissarin Sandra Kalneite kam den Umfragen zufolge auf bis zu 24 Prozent der Stimmen. Die Partei "Neue Zeit" von Regierungschef Valdis Dombrovskis erhielt bis zu elf Prozent. Einen überraschenden Erfolg in Lettland feierten die Parteien der russischstämmigen Minderheit. So sei das Parteienbündnis "Harmoniezentrum" auf etwa 20 Prozent der Stimmen gekommen, hieß es übereinstimmend in nach Schließung der Wahllokale am Samstagabend veröffentlichten Prognosen. Das war doppelt so viel wie den hauptsächlich die russische Minderheit vertretenden Parteien in dem Bündnis vor dem Urnengang zugetraut worden war. Die Bewegung für Menschenrechte in einem geeinten Lettland, die ebenfalls die russische Minderheit vertritt, kam ihrerseits den Prognosen zufolge auf 13 Prozent.

In Zypern lag die konservative Partei Demokratische Versammlung (DISY) laut Wählernachfragen vor der linksgerichteten Fortschrittspartei des Werktätigen Volkes (AKEL) von Präsident Dimitris Christofias. Die Regierungspartei AKEL bemühte sich im Wahlkampf um Unterstützung für ihre Verhandlungen mit der türkischen Volksgruppe. Ihr Ziel ist eine Wiedervereinigung der geteilten Mittelmeerinsel. Die Wahlschlappe könnte darauf hindeuten, dass die griechischen Zyprer diesen Bemühungen eine Absage erteilen wollten.

Zur Wahl des siebten Europaparlaments waren in den 27 EU-Mitgliedsstaaten rund 375 Millionen Bürger aufgerufen. Sie entschieden über die Vergabe von 736 Parlamentssitzen. Die Wahl zum Europaparlament dauert von Donnerstag bis Sonntag. In Italien können die Wählerinnen und Wähler am Sonntag sogar bis 22 Uhr wählen. Deshalb sollten die Länder, die schon in den Tagen zuvor die Europawahlen abgehalten hatten, Ergebnisse erst danach veröffentlichen.

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