Kommentar Obamas Europareise: Imperialist im guten Sinn

Barack Obamas Besuchsprogramm rief bei Franzosen und vor allem bei den Deutschen viel Rätselraten und verletzte Eitelkeiten hervor.

Am Ende hielt die Reise des amerikanischen Präsidenten auch für seinen französischen Amtskollegen eine Enttäuschung bereit. Wie der wahlkämpfenden deutschen Kanzlerin verweigerte Barack Obama auch Nicolas Sarkozy ein Treffen an dessen Regierungssitz. Die Kleinlichkeiten der europäischen Tagespolitik sollten nicht die globale Botschaft des Amerikaners stören, die von Kairo über Buchenwald bis in die Normandie reichte.

Bei Franzosen und vor allem bei Deutschen rief Obamas Besuchsprogramm viel Rätselraten und verletzte Eitelkeiten hervor. Das zeigt, welche Herausforderungen seine Agenda gerade auch für jene Länder des alten Europa noch bereithalten wird, die seinen Amtsantritt so sehnlich herbeiwünschten.

Die Politiker des alten Kontinents begrüßten zwar wortreich, dass der Amerikaner die Tore zur islamischen Welt öffnen und der Lösung des Nahostkonflikts höchste Priorität einräumen will. Insbesondere der deutschen Kanzlerin war aber im Wahljahr spürbar mehr daran gelegen, der US-Regierung die Rettung von Opel abzuringen oder die unpopuläre Aufnahme von Guantánamo-Gefangenen zumindest hinauszuzögern.

Dabei wäre dem Projekt einer Öffnung des Westens zum Islam wesentlich besser gedient, wenn Angela Merkels CDU ihren ideologischen Widerstand gegen den EU-Beitritt der Türkei endlich aufgäbe.

Merkels Verhältnis zu George W. Bush war herzlicher, trotzdem erleichterte die autistische Politik des Texaners auch ihr das gemütliche Verharren im Schrebergarten europäischer Kleinstaaterei. Das ändert sich mit Obama, der die nationalstaatlichen Grenzen einfach überspringt. Anders als Bush denkt er imperial im guten Sinn, aber doch imperial. Das zeigt schon die Art, wie er sich bei der Reiseplanung über die Wünsche der beteiligten Regierungen hinwegsetzte. Manche Europäer werden über diesen Mann noch viel zu rätseln haben.

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