Bildungsstreik: Gemeinsam für gute Bildung

Studierende und Schüler rufen für nächste Woche zum Bildungsstreik auf. Sie protestieren gegen Bachelor, Master und zu große Klassen an den Schulen.

Bildungsstreik-Aufkleber Bild: dpa

Die Berliner Unis und Schulen müssen sich auf Proteste einstellen: Studierende und Schüler rufen zu bundesweiten Streiks vom 15. bis 19. Juni auf. Die Bildung werde zu sehr den Bedürfnissen des Marktes angepasst, so der Kern ihrer Kritik. Die Studierenden wollen mit der Streikwoche vor allem ihrem Ärger über die Einführung der Master- und Bachelorstudiengänge Luft machen. Sie fordern das "Ende der Verschulung", die Abschaffung von Studiengebühren, aber auch mehr Mitbestimmung. Die Schüler bemängeln in ihren Streikaufrufen, dass die Klassen zu groß sind und die Schulzeitverkürzung auf zwölf Jahre.

Die Streikvorbereitungen laufen auf Hochtouren. An den Schulen und Unis seien viele dezentrale Aktionen und Diskussionsveranstaltungen geplant, sagt Tobias Schumann von der Projektgruppe Bildungsstreik. In der Silberlaube der Freien Universität (FU) stehe ein Infopunkt mit Zelten ringsherum, in denen die Studierenden auch übernachten.

Eine Gruppe wolle Bankfilialen aufsuchen, "um nachzufragen, warum Milliarden Euro in die Banken statt in die Bildung fließen", kündigt Schumann an. Auch der Kultusministerkonferenz, die zeitgleich in Berlin tagt, werde man "einen Besuch" abstatten.

Die größte gemeinsame Aktion ist für kommenden Mittwoch geplant: Dann soll eine Demonstration aller Schüler und Studierenden vom Roten Rathaus durch Mitte führen. Die Initiatoren beider Gruppen hoffen auf mehr als 10.000 Teilnehmer.

Florian Bensdorf von der Organisation "Bildungsblockaden einreißen!" berichtet von der Stimmung an Schulen: "Bei den Schülern hat sich eine Wut angestaut. Sie werden die Streiks als Ventil nutzen, um diesen Frust abzubauen."

Die Schul- und Unileitungen zeigen dabei durchaus Verständnis für die Proteste. Das FU-Präsidium unterstütze es, dass die jungen Menschen für ihr Recht auf angemessene Bildung demonstrierten, sagt ein Sprecher. "Wir prüfen zurzeit die rechtlich zulässigen Möglichkeiten für eine Teilnahme auch der Mitarbeiter der Freien Universität." Eine Sprecherin der Humboldt-Universität (HU) sagt: "Die Leitung weiß um den Bildungsnotstand und unterstützt alle Maßnahmen, die eine Änderung der Verhältnisse bewirken."

Wolfgang Harnischfeger ist Vorsitzender der Vereinigung der Berliner Schulleiter. "Ich halte es für richtig, dass sich die Jugendlichen für ihre Belange einsetzen", sagt er. Harnischfeger leitet auch das Beethoven-Gymnasium in Lankwitz. An seiner Schule bekämen Jungen und Mädchen, die zur Demo wollen, lediglich einen unentschuldigten Fehltag eingetragen. "Wenn sich abzeichnet, dass viele Jugendliche zur Demo gehen, werden wir an diesem Tag keine Arbeiten ansetzen."

Kritik kommt dagegen von einigen Mitschülern: Sie sehen in den Streiks offenbar eine ernste Bedrohung für die Republik. "Bald haben wir Zustände wie Ende der 60er-Jahre. Linksradikale Ideologen stellen unseren Rechtsstaat infrage", ätzt die Schüler Union Deutschland in einer Pressemitteilung. Es sei nur eine Frage der Zeit, dass bundesweit Autos brennen. "Die Bundesrepublik hat das zu ihrem 60. Geburtstag nicht verdient!"

Offen ist, wie viele junge Leute sich tatsächlich an den Streiks beteiligen. Selbst Tobias Schumann von der Projektgruppe Bildungsstreik will sich nicht festlegen. Er hoffe natürlich auf regen Zuspruch. "Allerdings kann es auch sein, dass sich viele Studierende durch das enge Korsett des Bachelors gebunden fühlen und keine Lehrveranstaltung verpassen wollen." Eine aberwitzige Situation: Genau jenes System, gegen das protestiert werden soll, könnte auf diese Weise die Streiks behindern.

FLORIAN BENSDORF, SCHÜLER

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