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Wenn das Anzweifeln der Regierungsmacht tatsächlich in GB ähnlich wie im Iran gehandhabt würde, hätte Gordon Brown spätestens nach der Europa-Wahl Wahlen verbieten lassen, denn selbst Mr. Bean hätte grössere Chancen als Labour bei der kommenden Unterhauswahl.
Und regen Sie sich ruhig auf über meinen Kommentar - wir sind nicht im Iran, man darf sich hier und in GB nach Herzenslust aufregen, und das ist auch gut so.
Parlamentarische Wahlen und politphilosophische Legitimation hin oder her. Auch in Deutschland entscheidet die gesellschaftlich-politisch-mediale Elite gerne mal gegen die Mehrheit, sonst würde man nicht mehr in führenden Medien darüber reden, wie "man" den Bürgern den Afghanistankrieg "näher bringen" bzw "erklären" soll, sondern wäre schon längst abgezogen. Demos gegen den "politischen Konsens" sind zwar erlaubt in Westeuropa, spüren trotzdem Repression und Ignoranz etc. Dort muss das mit diktatorischer Gewalt angeordnet werden, hier "funktionieren" Medien, Erziehung und exekutive schon so gut, dass das mit kaum sichtbaren konfrontation und gewalt vonstatten geht. Vllt wurde in GB niemand wegen Irak-Demos geknüppelt, aber ist das Anzweifeln einer Regierungsmacht ja nochmal ne andere Größenordnung als eine Kritik der außenpolitik, ich sag nur g8g8g8...
Das alles soll nicht verharmlosen was im Iran abläuft, nur regen mich solche schwarz-weiß kommentare auf. z
Auch wenn der Autor offenbar anderes andeuten will:
Es gibt doch wohl entscheidende Unterschiede zwischen Demos in GB, und dem, was jetzt im Iran passiert:
Erstens hat die britische Regierung wohl niemanden zusammengeknüppelt oder gar erschossen, der öffentlich gegen ihre Irak-Politik demonstrierte. Die Demos waren sogar erlaubt.
Und zweitens ist die britische Regierung durch wirklich freie Wahlen, bei freier Meinungsbildung, ohne Pressezensur, ohne Handverlesen der Kandidaten, etc., legitimiert - daran ändern auch Demonstrationen nichts. Das iranische Regime hingegen ruiniert durch sein Vorgehen noch die letzten Reste seiner Schein-Legitimität - da kommt es auf echten oder nur gefühlten Wahlbetrug schon gar nicht mehr an.
Auf Mallorca wird immer mehr Wohnraum an Touristen vermietet, Einheimische finden auch mit guten Jobs keine Bleibe mehr. Wie kann das sein?
Kommentar Iran-Großbritannien: Der größte Feind
Das Misstrauen gegenüber Großbritannien isr historisch bedingt: Statt Iran in napoleonischer Zeit gegen Russland zu unterstützen, übten die Briten Verrat und beuteten Bodenschätze aus.
Für die iranische Regierung ist Großbritannien und nicht US-Amerika der größte Widersacher: Ajatollah Ali Khamenei bezeichnete Großbritannien neulich als den "übelsten Feind" des Iran. Britische Banken sollen 1,6 Milliarden Pfund auf dem Konto des Khamenei-Sohns Mojtaba eingefroren haben. Der britische Botschafter in Teheran wird fast täglich ins Außenministerium zitiert, seine Ausweisung steht bevor. Bereits ausgewiesen wurde der BBC-Korrespondent, die Ausstrahlung des britischen Senders wird blockiert.
Ahmadinedschad warnte Gordon Brown, er solle endlich mit seiner Einmischung in iranische Angelegenheiten aufhören. Die Behauptungen, der britische Geheimdienst stecke hinter dem Selbstmordattentat und dem gescheiterten Anschlag auf ein Flugzeug vor kurzem im Iran, sind natürlich unsinnig, aber das Misstrauen gegenüber Großbritannien hat historische Gründe. Es geht auf napoleonische Zeit zurück. Damals versprachen die Briten Unterstützung, damit die Iraner die Russen aus dem britisch besetzten Indien fernhielten, doch die Briten verrieten sie und beuteten ihre Bodenschätze aus.
Londons liberale und neokonservative Elite ist überzeugt, dass westliche Demokratien eine transformatorische Kraft entwickeln, wenn sie in unterdrückte Gesellschaften exportiert werden. Dieser Glaube ist auch durch die Fehlschläge der Vergangenheit nicht erschüttert worden. Diese Leute ziehen die Demonstrationen im Iran als Argument dafür heran, dass man den Umsturz unterstützen müsse.
Im Februar 2003 demonstrierten in London Hunderttausende gegen den Irakkrieg. Das Recht auf freie Meinungsäußerung, selbst wenn sie massenhaft ausgedrückt wird, hat auch in Großbritannien noch nie die Entscheidungen der Staatsführung beeinflusst.
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Kommentar von
Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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