Kommentar CSU-Parteitag: Der Herbst des Sonnenkönigs Seehofer

Die CSU hatte sich mit Seehofer einen Neuanfang versprochen. Doch seine Versprechen bricht er und kehrt zurück zum politischen Radau - und verärgert damit viele Parteigenossen.

Es war schon immer Horst Seehofers Eigenart, seinen Machtanspruch hinter gespielter Demut zu verbergen. In früheren Jahren verkündete der größte Politjunkie im Lande gern, niemand sei weniger von der Politik abhängig als er. Auf dem CSU-Parteitag am Wochenende inszenierte er sich nun als Diener der Partei - und verteilte gleich wieder vergiftete Dankesworte an seine Untergebenen. Vom Absolutismus seiner wittelsbachischen Vorgänger unterscheidet ihn nur sein geringerer Grad an politischer Rationalität.

Gemessen am Grad der Herabsetzung, die altgediente Christsoziale zu erdulden haben, war Seehofers Wahlergebnis noch erstaunlich gut. Die CSU hat zu ihrem Vorsitzenden, der sie binnen Kurzem in eine Partei neuen Typs umwandeln will, schlichtweg keine Alternative. Die Älteren, die voriges Jahr noch mit ihm konkurrierten, sind Gestalten der Vergangenheit. Die Jüngeren müssen auf ihre Zeit noch warten.

Einstweilen dreht Seehofer die Uhr zurück. Bevor er als Heilsbringer in der Münchener Parteizentrale einschwebte, hatten die Jüngeren in der CSU unter Erneuerung etwas anderes verstanden. Rationaler und urbaner sollte der Politikstil werden, weniger auf die Wirkung im Bierzelt und die niedrigen Instinkte des Publikums abzielend. Seehofer kehrt, zumindest für eine Übergangszeit, zurück zum alten Stil des politische Radaus.

Das wird, wenn überhaupt, nur bis zur Bundestagswahl am 27. September funktionieren. Seehofers Problem ist vor allem die CDU. Anders als Franz Josef Strauß oder Edmund Stoiber, die in der größeren Schwesterpartei stets Verbündete fanden, hat Seehofer dort nur noch Feinde.

Alle wichtigen Ministerpräsidenten haben sich in den Streitigkeiten des letzten Jahres gegen ihn positioniert. Die Kanzlerin kam dem Bayer immer wieder entgegen, aus wahltaktischen Gründen. Dafür gibt es vom Herbst an keinen Grund mehr. Im Gegenteil: Die Christdemokraten werden eine große Lust verspüren, die Kränkungen heimzuzahlen.

Ohne bundespolitischen Resonanzboden kommen auf den Ministerpräsidenten dann vier lange Jahre in den Niederungen der Landespolitik zu, bis zum nächsten Wahltermin im Jahr 2013. Dann muss er sich tatsächlich in jener Demut üben, die er momentan nur spielt. Wenn er nicht mit einer autistischen Volte so schnell wieder verschwindet, wie er voriges Jahr gekommen ist.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.