Stefan Raab sucht den Eurovision-Sänger: "Eine gute Idee ist eine gute Idee"
Das ProSieben-Multitalent Stefan Raab wird für die ARD nach neuen Talenten für den Eurovision Song Contest fahnden. Ist diese Zusammenarbeit eine gute Idee?
"Eine Zusammenarbeit dieser Art hat es zwischen einer privaten und einer öffentlich-rechtlichen Sendergruppe noch nicht gegeben. Wenn es um eine so große Sache geht, müssen Grenzen überwunden werden", heißt es in der Pressemitteilung des NDR. Doch halt, es geht natürlich nicht um den Krieg in Afghanistan, den Aufstieg der NPD in diversen Bundesländern oder den ersten bemannten Flug zum Mars. Sondern ne große Sache, was wirklich Wichtigeres.
Stefan Raab wird also für die ARD nach neuen Talenten für die gemeinhin als Grand Prix bekannte Veranstaltung namens Eurovision Song Contest fahnden. Das ist doch mal ein Nebenjob für das ProSieben-Multitalent, da können die vielbeschimpften Moderations-Ausrutscher von öffentlich-rechtlichen Lichtgestalten wie Tom Buhrow oder Anja Kohl nicht mithalten. (Zur Erinnerung: Diverse ARD- und ZDF-Gesichter sind für Bankenkongresse oder die Eröffnung von Schuhgeschäften gegen geringe vier- bis fünfstellige Gebühr zu mieten, was bei den ARD-IntendantInnen wenigstens teilweise für Empörung sorgte.)
"Der Song für Oslo: Gesucht werden junge, bislang noch nicht bekannte Künstler. Die genauen Bewerbungskriterien werden im Spätsommer veröffentlicht", frohlockt nun der für dies neue "Sangesmacht United" zuständige ARD-Sender. Wir freuen uns schon drauf!
Endlich ziehen Private und Öffentlich-Rechtliche an einem Strang: ProSieben, wo die Vorauswahlrunden und das Halbfinale des deutschen Vorentscheids laufen, ist also ab 2010 quasi gebührenfinanziert - ein netter Zug der ARD in diesen für die Privatsender nicht eben leichten Krisenzeiten.
Nun sollen allerdings auch in diesem Fall nicht alle ARD-IntendantInnen unempört gewesen sein. Erinnern wir uns: Als der Deal mit Raab im Mai zunächst in der ARD diskutiert und dann in die Öffentlichkeit stolperte, ging das noch schief. Raab sagte zunächst ab, jetzt wird er Anchor und Juryvorsitzender "in allen acht Sendungen".
Nun ist die Auswahl eines Eurovisions-Liedchens natürlich vornehmste Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und felsenfest in dessen Grundauftrag verankert. Beim NDR gibt es sogar Leute, die meinen, die ARD sei eigens dafür anno 1950 gegründet worden. Und es gibt den zuständigen ARD-Koordinator Unterhaltung Thomas Schreiber, den die taz versehentlich mal zum Thorsten Schneider verballhornt hat und der uns seitdem zu Recht gram ist. "Der Deutsche Vorentscheid 2010 wird mit Stefan Raabs Leidenschaft, den ARD-Pop- und jungen Wellen, ProSieben und natürlich dem Ersten das Fernsehereignis im Frühjahr 2010. Und außerdem wirds ein superspannender Eurovision Song Contest!", sagt Schneiber jetzt, und: "Bin ich froh, dass das klappt: Eine gute Idee ist eine gute Idee." Kein Wunder, war ja auch von ihm.
Wir haben übrigens auch noch ein paar gute Ideen für die weitere öffentlich-rechtlich-kommerzfernsehielle Zusammenarbeit. Für echte Public-Private Partnerships: Hajo Seppelt testet die "DSDS"-Jury auf Eigenblutdoping, Richterin Barbara Salesch macht die Urlaubsvertretung für den ARD-Verfassungsgerichtskorrespondenten Karl-Dieter Möller. Die ARD-Zoosendungen wandern kollektiv als Kulisse ins "Dschungelcamp", das "Promi Dinner" kommt aus Alfred Bioleks Kühlschrank. Und "Toto und Harry" werden endlich Kommissare im ARD-"Tatort Bochum". Beinahe hätte sich Peter Kloeppel auch der "Tagesthemen" erbarmt und da Tom Buhrow vertreten, wenn der wieder durch die Kreissparkassen tourt. Junge ZuschauerInnen für die ARD-Nachrichtensendung - was für ein Hammer.
Der Deal ist nach taz-Informationen aber leider geplatzt, weil Kloeppel wie bei "RTL aktuell" auf einheitliche Anfangszeiten bestand, wenigstens unter der Woche. Und Günther Jauch übernimmt "Anne Will". Doch stopp: Das hätten wir ja beinahe wirklich gehabt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vermeintliches Pogrom nach Fußballspiel
Mediale Zerrbilder in Amsterdam
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Berichte über vorbereitetes Ampel-Aus
SPD wirft FDP „politischen Betrug“ vor
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Toxische Bro-Kultur
Stoppt die Muskulinisten!
Scholz telefoniert mit Putin
Scholz gibt den „Friedenskanzler“