Kommentar Fabrikbesetzung: Kampf um Arbeit

Viele Franzosen zeigen für die Drohungen, die Fabriken zu sprengen, Verständnis. Sie sind verbittert, die berufliche Zukunft in Frankreich ist ungewiss. Weitere Entlassungen werden folgen.

Für die ehemaligen Beschäftigten von New Fabris ist es das bittere Ende eines einsamen Konfliktes. Am Freitag stimmten sie resigniert einer Prämie zu, die sich gegenüber ihrer ursprünglichen Forderung erbärmlich ausnimmt. Nach ihrer allerletzten Vollversammlung räumten sie die besetzte Fabrik und gingen mit zwei Gewissheiten nach Hause. Die erste: 12.000 Euro Prämie erkämpft zu haben. Die zweite: In der Region gibt es kaum eine berufliche Zukunft.

Für den Rest Frankreichs - insbesondere für die Regierung in Paris - hinterlässt New Fabris noch eine weitere Gewissheit: Es gibt eine Zuspitzung der sozialen Auseinandersetzungen in den Betrieben. Die Belegschaft hat mit der Drohung, ihre Fabrik in die Luft zu sprengen, ein Zeichen dafür gesetzt.

Kaum hatte sie Anfang Juli 19 Gasflaschen auf ihrem Fabrikdach installiert und kaum hatte sie ihr Ultimatum ausgesprochen - Prämie oder Sprengung - waren zwei weitere, ebenfalls von Entlassung bedrohte Belegschaften ihrem Beispiel gefolgt. Nach der Welle von Freiheitsberaubungen von Spitzenmanagern und nach einer Reihe von Fabrikbesetzungen ist die Sprengdrohung zu dem neuen Druckmittel der Ohnmächtigen geworden.

Eine Umfrage in Frankreich zeigt, wie weit inzwischen der "Konsens" darüber geht, dass auf dem legalen Weg keine Auswege aus sozialen Konflikten zu finden sind. 65 Prozent der Franzosen zeigen "Verständnis" - wenn auch keine "Billigung" - für die Sprengdrohungen. Für diese Verbitterung haben viele Faktoren gesorgt.

Darunter die nicht endenden Massenentlassungen, die obszönen Abfindungsprämien für Spitzenmanager, die milliardenschweren staatlichen Beihilfen an große Banken und an die Autoindustrie und die Ankündigung der Regierung, es werde in diesem Jahr hunderttausende weitere Arbeitslose geben.

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