Fußball-Bundesligastart: Hertha entdeckt neue Problemzonen

Das erste Bundesligaspiel gewinnt Hertha BSC mit Glück. Unzufriedene Fans pfeifen neuen Stürmer Artur Wichniarek aus.

Gojko Kaca von Hertha tunnelt einen Hannoveraner Abwehrspieler und den Torwart und erzielt das 1:0 Bild: AP

Dank Gojko Kacar kam in der 82. Minute doch noch Spannung in das Auftaktspiel von Hertha BSC. Der Mittelfeldakteur der Berliner nutzte die Indisponiertheit seines Hannoveraner Gegenspielers Constant Djakpa aus und stocherte den Ball nicht nur durch dessen Beine, sondern zugleich durch die des Torwarts Robert Enke. Ein unerwarteter Treffer, der die erste Bundesligapartie der Saison entschied.

Zuvor schienen alle Spieler einmütig einem torlosen Remis entgegenzusteuern, als hätte man sich wegen des beidseitigen immensen Übungsbedarfs verständnisvoll darauf geeinigt, einander nicht zu schaden. In der Vorbereitung und im DFB-Pokal waren ja bei beiden Vereinen einigermaßen große Problemzonen festgestellt worden. Hertha sorgte sich vor allem um ihre durchlässige Defensive. Nach dem Spiel gegen Hannover sprach Torwart Jaroslav Drobny allerdings von einer Umkehrung des Problems: "Hinten standen wir gut. Nach vorne lief wenig zusammen."

Hertha - Hannover 96: 1:0 (0:0)

Aufstellung: Drobny - Friedrich, Pejcinovic, von Bergen, Stein - Kacar, Cicero - Piszczek (54. Ebert), Nicu (71. Dardai) - Wichniarek (77. Domowtschijski), Raffael

Tor: 1:0 Kacar (82.)

Gelbe Karten: Dardai (1), Ebert (1), Raffael (1) / Bruggink (1), Cherundolo (1)

Zuschauer: 42.169

Die sehr behäbig geführte Begegnung am Samstag taugte jedoch kaum für substanzielle Rückschlüsse. Kapitän Arne Friedrich erklärte zu Recht: "Hannover hat auch nicht so gut gespielt. Für eine Standortbestimmung ist es noch zu früh." Schwierigkeiten hätten aber auch andere gehabt. Während des Spiels, gestand der Hertha-Abwehrspezialist, habe er manchmal zur Anzeigetafel "geschielt" und gesehen, dass auch ambitioniertere Vereine Startprobleme gehabt hätten. Die Defensivarbeit sei an diesem Nachmittag mit diversen Nebentätigkeiten zu vereinbaren gewesen, was auch ihren Wert ein wenig relativierte. Verdenken konnte man es Friedrich nicht.

Für Außenstehende war es noch schwieriger, in Verbindung mit dem spannungslosen Spiel zu bleiben. Die Fans ließen den Blick in die Vergangenheit schweifen und skandierten den Namen ihres einstigen Torjägers Marko Pantelic. Den neuen Stürmer und Rückkehrer Artur Wichniarek hatten sie bereits beim Verlesen der Aufstellung mit Pfiffen bedacht. Durch seinen unscheinbaren Auftritt fühlten sich die Fans in ihrer tief verankerten Abneigung nur bestätigt.

Ganz anders wäre es wohl gekommen, hätte Wichniarek in der dritten Minute die scharfe Hereingabe von Raffael nicht verpasst. Es fehlte wenig. Der Leidgeprüfte übersetzte den Journalisten die Situation: "Fast ist im Fußball gar nichts." Und so pfiffen die Fans auch, als er ausgewechselt wurde. Wichniarek sagte dazu, was ein Stürmer eigentlich nur nach Toren aufzusagen pflegt: "Es geht nicht um mich, sondern um die Mannschaft."

Hertha-Trainer Lucien Favre, der ansonsten ein großer Freund von stereotypen Fußballweisheiten ist und deshalb auch ungern über Einzelspieler spricht, machte im Falle von Wichniarek eine Ausnahme. Er erinnerte an die grundsätzlichen Fähigkeiten des Polen und betonte, er sei sich sicher, dass er diese auch bald zeigen werde. Wichniarek steht vorläufig bei der offensivschwachen Hertha unter Artenschutz.

Mit dem 1:0-Erfolg knüpfte das Favre-Team nahtlos an die Ergebniseffizienz der vergangenen Saison an. Die aufrechterhaltene Fassade weist aber schwere Risse auf. Obwohl die ebenfalls wenig selbstbewussten Hannoveraner letztlich sogar die besseren Chancen hatten, bekannte Favre: "Wir haben am Limit gespielt. Es ist okay für heute."

Michael Preetz hoffte nach seinem ersten Pflichtspiel als Manager, einen Teil der jüngsten Euphorie in die Zukunft hinüberretten zu können: "Siege helfen uns, die Flamme am Lodern zu halten." Und er verwies auf den am Gegner gemessenen überdurchschnittlichen Zuschauerzuspruch zur Ferienzeit. Aus Favre sprach eher der Respekt als die Selbstgewissheit eines Europa-League-Teilnehmers. Er betonte, wie wichtig es gewesen sei, vor den kommenden drei Auswärtspartien mit einem Sieg zu starten. Dabei könnte das Programm deutlich schwerer aussehen. Die Gegner heißen Gladbach, Bochum und Bröndby Kopenhagen. Für die Berliner bietet sich somit die Chance, an diesen moderaten Aufgaben weiter zu wachsen. Es wird notwendig sein.

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