Kommentar EU-Proteste gegen iran-Prozesse: Zweierlei Maßstäbe

Die EU fühlt sich nur zu ernsten Reaktionen gegen die Prozesse im iran aufgefordert, weil eine Französin mit angeklagt ist. Das macht ihr Bekenntnis zu Menschenrechten doppelbödig.

Die Menschenrechte und die Würde der Menschen sind unantastbar. Das ist ein über Jahrhunderte erkämpfter Grundsatz, eine Errungenschaft, auf die Europa stolz sein kann. Doch sei die Frage erlaubt, ob mit Menschen nur Europäer, Amerikaner und allenfalls Israelis gemeint sind. Kann dieser Grundsatz über Bord geworfen werden, sobald man die Grenzen Europas verlässt und ökonomische und strategische Interessen im Spiel sind? Gelten in anderen Teilen der Welt andere Kriterien?

Die Europäische Union hat zwar das Vorgehen der Polizei und Milizen im Iran gegen die Protestbewegung und die Verletzung der Menschenrechte kritisiert. Sie hat auch erklärt, sie werde dem iranischen Regierungschef Mahmud Ahmadinedschad zu seinem angeblichen Wahlsieg nicht gratulieren. Doch das hinderte sie nicht daran, an der Zeremonie zur Vereidigung des Präsidenten teilzunehmen - womit sie den eklatanten Wahlbetrug nun offiziell anerkennt

Auch jetzt, wo hunderte iranische Oppositionelle im Kerker sitzen, dort gefoltert und zu Selbstbezichtigungen und falschen Geständnissen gezwungen werden: Zu ernsthaften Handlungen und Reaktionen scheint sich Europa nur deshalb aufgefordert zu fühlen, weil sich unter den Angeklagten eine französische Staatsbürgerin und ein iranischer Mitarbeiter der britischen Botschaft befinden. Die EU verlangt die unverzügliche Freilassung dieser Angeklagten. Andernfalls werde man entsprechende Maßnahmen ergreifen, was in der Konsequenz Sanktionen oder gar den Abbruch der diplomatischen Beziehungen bedeuten könnte.

Es ist nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht eines jeden Staates, seine eigenen Bürger vor Übergriffen zu schützen. Aber wie glaubwürdig sind angesichts dieser Doppelbödigkeit die Bekenntnisse der Europäer zu Menschenrechten aus der Sicht der Iraner, die in den Gefängnissen zu Tode gefoltert werden?

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